Interview zum Filmerbe-Festival Film:ReStored mit Dr. Rainer Rother

Rother: "Das Schaufenster des analog produzierten Films"


"Glorious Technicolor" - Plakat: Pentagram Design, Berlin

„Glorious Technicolor“ – Plakat: Pentagram Design, Berlin

Ein großer und wichtiger Programmpunkt des Festivals ist das Symposium. Warum wird diesem so viel Platz eingeräumt?
Die Kinemathek hat eine große Tradition in der Veranstaltung solcher Symposien zur Filmgeschichte. Eines war auch immer mit der Verleihung des Kinopreises des Kinematheksverbundes kombiniert. Insofern nehmen wir eine Tradition auf, verändern sie aber, weil wir mit neuen Partnern, in dem Fall mit der Fédération Internationale des Archives du Film (FIAF) arbeiten, die uns unterstützen. Die Frage der Digitalisierung beschränkt sich nicht auf Deutschland. Das ist international eine große Herausforderung. Alle internationalen Archive sind in der ein oder anderen Form damit befasst. Wir denken, dass wir uns mit diesem Thema in den nächsten Jahren noch weiter beschäftigen werden, unter verschiedenen Perspektiven.

Soll es das Film:ReStored jährlich geben?
Ja, wir wollen es jährlich stattfinden lassen und schauen mal, wie sich das entwickelt. Das ist auch eine Frage der Publikumsresonanz und der Presseaufmerksamkeit. Wir sind z.B. über die Anmeldezahlen für das Symposium sehr erfreut. Wir gehen davon aus, dass es sich sehr schnell und sehr gut etablieren wird.

Welche internationalen Gäste werden erwartet?
Wir freuen uns, dass Paolo Cherchi Usai aus Rochester kommt. Dann kommen Jon Wengström vom schwedischen Filminstitut und Eric Le Roy vom Centre national du cinéma et de l’image animée (CNC). Das sind drei ganz wichtige Partner.
Mit dem Archiv in Rochester haben wir z. B. 2015 die sehr schöne Berlinale-Retrospektive „Glorious Technicolor“ veranstalten können. Jon Wengström ist als Chef des schwedischen Filmarchivs in einer einzigartigen Lage: Das schwedische Filmarchiv kann weiterhin analog restaurieren, öffnet sich aber auch dem Digitalen. Es ist sehr interessant von ihm zu erfahren, was die Entscheidungsgründe sind, den einen oder den anderen Weg zu wählen. Das wird für uns in Zukunft auch wichtiger werden.
Eric Le Roy vom CNC aus Paris wird uns vor allem einen Blick auf die immer so gelobten französischen Förderprogramme ermöglichen. Das französische Förderprogramm ist ja mit 400 Millionen Euro ausgestattet. Das ist sehr, sehr viel. Wir würden von ihm gerne wissen, wie das praktisch ausschaut und wie diese Entscheidungsprozesse laufen. In dem Moment, wo endlich dieses Programm auch in Deutschland aufgelegt wird, werden wir uns mit ähnlichen Fragen auseinandersetzen müssen. Auch wir werden darüber reden müssen, wie wir ein Gremium sinnvoll zusammensetzen, das über die Digitalisierung entscheiden soll. Wie gehen wir damit um, dass es Filme gibt, die digitalisiert werden müssen, weil sie in einer fragilen Gestalt überliefert worden sind? Hier erwarten wir uns von der französischen Seite Anregungen und möglicherweise auch Ideen, die inspirieren.

Das ist sehr interessant für Filmhistoriker und -archivare, da das Festival tiefer in die Materie dringt. An wen richtet sich Film:ReStored_01?
Das ist wie bei unseren anderen Veranstaltungen und bei der Retrospektive der Berlinale. Das Symposium ist nicht nur für Fachleute konzipiert. Das Festival steht für alle offen, jeder kann sich die Filme anschauen. Für das Symposium muss man sich nur anmelden, es gibt keine Teilnahmegebühr und die Themenstellungen sind so gewählt, dass sie den internationalen Diskurs über die Fragen darstellen wie: Was bedeutet Digitalisierung für uns? Welche Herausforderungen, auch ethische, gibt es eigentlich für die Archivare, wenn sie restaurieren? Deswegen glauben wir, dass wir auch ein größeres Publikum ansprechen werden.

Wurde dementsprechend das Programm konzipiert?
Ja, es war uns wichtig, dass es kein Programm ist, das sich ausschließlich an Experten wendet. Das Filmerbe hat es mittlerweile ein bisschen in die öffentliche Diskussion geschafft. Man ist sich dessen bewusst, dass über hundert Jahre Filmgeschichte drohen, unsichtbar zu werden. Es ist die Aufgabe von uns, von den Archiven und Filmhistorikern, dafür zu werben, dass das Filmerbe sichtbar wird. Das Symposium dient dazu, das Bewusstsein zu schärfen und Argumente in die Hand zu geben.

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