BFF on the Road: 21. Busan International Filmfestival in Südkorea

Weltkino aus Busan: Mord und Totschlag gepaart mit schwarzem Humor


In einer ungewöhnlichen Rolle: Jung-min Hwang als teuflischer Schamane im Horrorfilm "The Wailing". (c) Busan International Film Festival

In einer ungewöhnlichen Rolle: Jung-min Hwang als teuflischer Schamane im Horrorfilm „The Wailing“. (c) Busan International Film Festival

Wie es die Natur des Festivals will, steht der koreanische Film in einem besonderen Fokus. In der einen Sektion, Panorama, finden sich Filme der letzten zwei Jahre, die zum Teil in den koreanischen Kinos bereits angelaufen sind und erste Erfolge verbuchen konnten. Dabei handelt es sich sowohl um eindeutig publikumsgängige Großproduktionen wie „The Handmaiden“ von Regisseur Chan-wook Park, der in diesem Jahr für die Palme d’Or in Cannes ins Rennen ging oder „The Wailing“ von Hong-jin Na, ein turbulenter Horrorfilm mit dem koreanischen Superstar Jung-min Hwang in der Rolle des bösartigen Schamanen.
Für koreanische Verhältnisse geht „The Handmaiden“ offensiv und explizit mit dem Thema Sexualität um. Die Geschichte erhält mehrere unerwartete Wendungen und besitzt Originalität. Es geht um die Freundschaft und Leidenschaft zweier Frauen für einander, die sich gegenüber der männlichen Dominanz zu behaupten versuchen.

Unter den besonderen Filmen der Sparte war das neue Werk von Kim-ki Duk „The Net“ zu sehen. Nachdem er im letzten Jahr einen kritischen Film zu Thema Fukushima präsentierte, der sich technisch auf einfache Mittel konzentrierte und durch seine halb ironische, halb tragische Perspektive Eindruck machte, interessiert er sich nun für den Konflikt zwischen Nord- und Südkorea. Ein nordkoreanischer Fischer wird wegen eines Motorschadens in den Süden abgetrieben. Dort hält man ihn fest und glaubt, er sei ein Spion. Obwohl er das Gegenteil versichert, setzen ihm die Ermittler zu. Als sie doch von seiner Unschuld überzeugt zu sein scheinen, möchten sie ihm anbieten, dass er im Süden bleibt. Doch sein einziger Wunsch ist es, zu seiner Familie zurückzukehren. Die Rückkehr gestaltet sich allerdings alles andere als einfach.

Eine Reihe koreanischer Filme unabhängiger Autoren feierte auf dem Festival Weltpremiere. Inhaltlich kreisen die Filme um die Themen zwischenmenschliche Beziehungen, zwischen Eltern und Kindern oder zwischen Liebespartnern, und insbesondere Emanzipation des Individuums gegenüber der Gesellschaft. In „Second Winter“ von Euigon Kim beispielsweise wohnt ein junges Ehepaar in einer Einzimmerwohnung mit einer ständig ausfallenden Heizung. Die Suche nach einer neuen Wohnung gestaltet sich frustrierend, da beide finanziell nicht besonders gut gestellt sind. Der Mann versucht sich als Schauspieler und die Frau als Grafikerin durchzukämpfen. Sie stehen vor der Wahl, ihre Traumberufe zu Gunsten einer Arbeit mit einem festen Monatseinkommen aufzugeben. Die Verfolgung der eigenen Träume, der Selbstverwirklichung, in einer Gesellschaft wie die südkoreanische, die ihre Mitglieder an ihren schulischen Leistungen und im Anschluss an der dadurch erreichten Lohnklasse misst, lässt im Grunde wenig Spielraum für alternative Lebensentwürfe.
Von dem gleichen Konflikt berichtet auch „Come Together“ von Dong-il Shin, in dem ein junges Mädchen zum wiederholten Mal versucht, die Aufnahmeprüfung für eine weiterführende Universität zu bestehen, ihr Vater nach 18 Jahren in der gleichen Firma entlassen wird und die Mutter mit dem Verkauf von Kreditkartenverträge verzweifelt versucht, ihre Zugehörigkeit zur Mittelklasse aufrecht zu erhalten. Als Gegenpart zu ihnen tritt eine junge Frau auf, die sich mit ihren selbst gebastelten Freundschaftsbändern selbstständig gemacht hat und alleinstehend durch die Welt reist. Dass ihre Freiheit nur vermeintlich ist und sie sich insgeheim doch nach einem „normalen“ Leben sehnt, lässt der Film nicht offen. Das sind grundsätzlich Konflikte, die auch einem westlichen Publikum vertraut vorkommen, doch wird einem die unseren Kreisen dominierende, emanzipiertere Haltung dem Problem gegenüber bewusst. Als konstanter Motor der künstlerischen Auseinandersetzung vermutet man den Kampf der Südkoreaner, sich zwischen einer in nur wenigen Jahrzehnten erzielten wirtschaftlichen Modernität und einem noch traditionellen Sozialgefüge zurechtzufinden.

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