Hellas Filmbox 2017 im Kino Babylon-Mitte in Berlin
Hellas 2017: Neues Griechisches Kino
Mit „Dogtooth“ (Yorgos Lanthimos) und „Attenberg“ (Rachel Tsangari) meldete sich 2009 und 2010 – dem Jahr des Ausbruchs der griechischen Schuldenkrise – ein junges, radikales, freies und kompromissloses, griechisches Kino zurück, das sich in seinen bizarren und teils abgründigen Visionen von der bis dahin verbreiteten mediterranen Vorstellung vom griechischen Film massiv abgrenzte. Seit den 70er Jahren hatte Autorenfilmer Theodoros Angelopoulos den griechischen Film geprägt, nun hatten sich junge Filmemacher gefunden, die sich aufgrund fehlender Filmförderungen gegenseitig halfen und produzierten. Yorgos Lanthimos („The Lobster„) ist inzwischen gen Westen aufgebrochen, wo er demnächst für die AMC Networks eine schwarze Komödie im Serienformat mit Kirsten Dunst produzieren will.
Doch die „New Greek Wave“ hat inzwischen weitere Talente geboren. Diesen widmet sich das „Hellas Filmbox Berlin“-Filmfestival, das vom 18. bis 22. Januar 2017 im Kino Babylon stattfindet. Auch die zweite Ausgabe widmet sich primär dem „Neuen Griechischen Film“ und will damit „eine Plattform sein und cineastische Einblicke in die heutige Situation Griechenlands, seiner Menschen, Einblicke in seine inneren Widersprüche und Geheimnisse ermöglichen“, wie das Festival erklärt.
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Zum Auftakt am Mittwoch, 18. Januar um 19 Uhr im Kino Babylon wird der Ehrengast Costa-Gavras für sein künstlerisches Lebenswerk geehrt. Ulrich Tukur soll die Laudatio halten, weshalb dann im Anschluss auch Gavras‘ preisgekrönter Film „Der Stellvertreter“ von 2002 das Filmfestival „Hellas Filmbox“ eröffnen wird.
Über 56 griechische Filme werden in den kommenden fünf Tagen gezeigt und verteilen sich auf zwei Wettbewerbssektionen, „Neues Griechisches Kino“ und „New Vision“, sowie zwei darüber hinaus gesetzte Schwerpunktthemen, die den Holocaust und das Schaffen der Frauen in der Filmbranche unter die Lupe nehmen. Fünf Filme zeigt allein die Sektion „Holocaust der griechischen Juden / Griechenland unter deutscher Besatzung“, sieben Filme dagegen werden in der Sektion „Women Creators in Cinema – New Wave“ zu sehen sein. Es sind Produzentinnen, Schauspielerinnen, Kamerafrauen, Regisseurinnen, Drehbuchschreiberinnen, Cutterinnen, und Produktionsassistentinnen, denen mit der Reihe Tribut gezollt werden soll, denn noch immer ist es für Frauen in der Filmbranche unverhältnismäßig schwer. Während „in Deutschland nicht einmal jeder fünfte Kinofilm von einer Frau stammt, sieht es in Griechenland um einiges düsterer aus.“ (Hellas Filmbox) Da erscheint es nur allzu passend, dass nun auch in diesem Jahr eine Frau den vorherigen Festivalleiter Asteris Kutulas ablöst. In die Fußstapfen des einstigen Festivalgründers steigt nun die Schauspielerin Sandra von Ruffin.
Und auch am Rande des Festivals gilt es einiges zu entdecken. Lohnenswert und besonders spannend verspricht die Kino-Theater-Performance in der Volksbühne (u.a. im Roten Salon) zu werden, eine als Trilogie angelegte Produktion, die in Zusammenarbeit mit der Experimentellen Bühne des griechischen Nationaltheaters und des Nationaltheaters von Oslo entstanden. Dazu zählen das „Case Study I: The sins of the fathers“ und das Cinematic Theatre Eutopia Poka-Yio. Die Stücke untersuchen die Ursachen des gegenwärtigen Zustands der griechischen Gesellschaft und die Frage, wie das Land so schnell in den wirtschaftlichen Verfall rutschen konnte. Die Vorführung wird in griechischer Sprache statt mit englischen Untertiteln. Und auch Panels und eine Fotoausstellung finden zeitgleich statt. Viel zu sehen und zu entdecken.
SuT
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