10. Istanbul DOCUMENTARIST Festival im Juni 2017

BFF on the Road: Kino in finstren Zeiten


Mit dem Johan van der Keuken Preis ausgezeichnet: "Attack Variations From The Third Zone" von Sedat Sahin und Murat Adiyahman. Foto: Emine Koc

Mit dem Johan van der Keuken Preis ausgezeichnet: „Attack Variations From The Third Zone“ von Sedat Sahin und Murat Adiyahman. Foto: Emine Koc

Den ebenfalls seit zwei Jahren vergebenen Johan van der Keuken Nachwuchspreis erhält „Attack Variations From The Third Zone“ von Sedat Sahin und Murat Adiyahman. Der Film erzählt die Geschichte des Hakkarigücüs Frauenfußballteam, das sich aus Frauen und Mädchen aus den ländlichen Ost-Regionen in der Türkei zusammensetzt. Durch den Fußball entsteht so nicht nur ein freier Ort der sportlichen Begegnung, Vorurteile fallen und neue Freundschaften finden sich.

In der Nachwuchspreisjury sitzen unter anderem die Filmemacher Ayse Cetinbas und Selim Yilidz, die beide schon die Macht der Zensur in der Türkei zu spüren bekommen haben. Ayses Film „Bakur“ („North„) über kurdische Guerilla in der Türkei war vor zwei Jahren sogar einer der ersten Filme, von dem das Kulturministerium jenes mit einmal so wichtig gewordene Stück Papier verlangte: Für 250 Lire gilt es beim Ministerium eine Art Urheberrechtsbestätigung einzuholen, eine Formalität, die längst nicht jeder Film erhält. So auch „Bakur„.

Die Polizei verlangte nun vom renommierten Istanbul Film Festival, den Film nicht zu zeigen und die Leiter beugten sich. Necati erzählt: „“Bakur„, ist einer der typischen Fälle, die zeigen wie schwierig die Bedingungen für Dokumentarfilmer und oppositionelle Filmemacher geworden sind. Wir haben „Bakur“ zwei Monate ohne Zertifikat gezeigt, natürlich mit der Angst, dass die Polizei das Screening stürmen könnte, was aber nicht passiert ist. Bei dem Screening waren etwa 1500 Leute, eine Riesen-Premiere und ich glaube, das einzige Screening des Films in der Türkei.“

Filmemacher in der Türkei stehen oft nach jahrelanger Arbeit an einem Film vor verschlossenen Festivaltüren und finden kein Publikum oder werden kurz vor dem Screening wieder aus dem Programm genommen. So erging es dem kurdischen Filmemacher Selim Yildiz, dessen Film „I Remember“ vergangenes Jahr den Johan van der Keuken Nachwuchspreis gewonnen hat und auf dem DOK Leipzig lief. Der Film setzt sich sehr persönlich mit dem Massaker der türkischen Armee in Roboski auseinander und erzählt den über Generationen währenden illegalen Grenzschmuggel in der Region. „I Remember“ wurde schließlich in letzter Minute aus dem Programm des Ankara Film Festivals gestrichen. Zensur, Repression, Haft und sogar Mord als Einschüchterungsmaßnahmen gegenüber Filmemachern– Selim würde trotzdem niemals aufhören, Filme zu machen, um denen eine Stimme zu geben, die vergessen werden sollen.

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