Interview mit Adrian Goiginger und Verena Altenberger zu „Die beste aller Welten“

Goiginger: "Ein Kind, das Abenteurer werden will und seine Mutter liebt"


Regisseur Adrian Goiginger erzählt die Geschichte seines Lebens. © Filmperlen

Regisseur Adrian Goiginger erzählt die Geschichte seines Lebens. © Filmperlen

Die wahre und sehr bewegende Geschichte seiner Kindheit mit einer drogenabhängigen Mutter im Salzburg der Neunzigerjahre begeisterte bei der Berlinale 2017 Publikum und Kritiker – und bescherte Regisseur und Drehbuchautor Adrian Goiginger den Kompass-Perspektive-Preis. Seitdem konnte „Die beste aller Welten“ zahlreiche weitere Preise abräumen. Nach dem erfolgreichen Kinostart in Österreich kommt der Film über eine trotz schwierigster Umstände sehr liebevolle Mutter-Sohn-Beziehung am 28. September endlich in Deutschland ins Kino.
Berliner Filmfestivals-Autorin Stefanie Borowsky traf Regisseur und Drehbuchautor Adrian Goiginger („Milliardenmarsch„) und Schauspielerin und Hauptdarstellerin Verena Altenberger („Magda macht das schon„) zu einem Gespräch über einen tapferen Abenteurer, die beste Mutter der Welt und Salzburg abseits des Glamours.

Adrian, „Die beste aller Welten“ ist ein sehr persönlicher Film über deine Kindheit mit einer drogenabhängigen Mutter. Beeindruckend ist, dass im Film die Liebe zwischen Mutter und Sohn im Vordergrund steht, nicht die Drogensucht. Man sieht eine liebende Mutter, die ihren Sohn unterstützt, aber auch eine verzweifelte junge Frau und ihre gescheiterten Versuche, aus der Sucht herauszukommen. Seit wann stand für dich fest, einen Film über deine Kindheit zu drehen?
Adrian Goiginger (AG):
Der Startschuss war für mich der Tod meiner Mutter. Danach hab ich viel über meine Kindheit nachgedacht und mir ist immer mehr klar geworden, was für eine unglaubliche Leistung es von meiner Mutter war, mir trotz ihrer Drogenabhängigkeit so eine schöne Kindheit zu ermöglichen. Dann habe ich mir gedacht, diese Geschichte muss verfilmt werden.

Hattest du oder hatten deine Familie oder deine Freunde Bedenken, eine so persönliche Geschichte öffentlich zu machen?
AG:
Die meisten der Protagonisten sind tatsächlich nicht mehr am Leben. Eigentlich leben nur mehr mein Stiefvater und ich. Für meinen Stiefvater Günter war es natürlich sehr emotional, so viel aus seinem alten Leben wiederzusehen. Auch weil seine Frau Helga vor fünf Jahren verstorben ist, wurde die subjektive Betroffenheit noch stärker. Er findet es aber ganz toll, dass ich diesen Film gemacht habe und er hat sogar mitgearbeitet, als Rechercheperson vor dem Dreh und dann als Fachberater.
Bei mir persönlich ist es unterschiedlich. Beim Drehen gab es sehr emotionale Momente, wo ich einen fast schon zu authentischen Blick in meine Kindheit geworfen habe. Im Kino bin ich wohl zu sehr Filmemacher und denke meist nur an die Sachen, die ich besser machen hätte können. Das ist ein ständiges Evaluieren, was davon abhält, richtig betroffen zu sein. Vielleicht kommt das in ein paar Jahren, wenn ich den Film mit etwas Abstand nochmal sehe.

Weiterlesen: Weiterlesen: Stefanie Borowskys ausführliche Kritik „Mutterliebe im Drogensumpf

Wie verlief die Arbeit am Drehbuch? Hattest du noch viele Erinnerungen an die Zeit? Haben dich dein Stiefvater oder Freunde deiner Mutter bei der Entwicklung des Drehbuchs unterstützt?
AG:
Eigentlich sind die meisten und wichtigsten Erinnerungen tatsächlich alle abrufbar. Das geht zurück bis in den Kindergarten. Dort beginnen meine konkreten Kindheitserinnerungen und sind dann durchgehend bis in die Gegenwart vorhanden. Das war für mich immer schon so, deshalb bin ich überrascht, wenn Leute sagen, sie erinnern sich nicht an ihre Kindheit.
Für die vielen Details haben mir die Fotos geholfen, die meine Mutter, mein Stiefvater und ich in der Zeit, in der der Film spielt, gemacht haben. Außerdem gab es noch viele Tagebucheinträge von meiner Mutter und meinem Stiefvater.
Der letzte Baustein in der Recherche waren dann die Gespräche mit den Zeitzeugen, vor allem mit meinem Stiefvater, der jetzt als cleaner, „normaler“ Mensch sehr reflektiert über seine Zeit als Heroinjunkie berichten kann. Dadurch hat sich dann ein ziemlich schlüssiges und im Einklang befindliches Bild von der Welt, in der ich als Kind gelebt habe, ergeben. Und diese Welt hab ich dann versucht, so genau und detailliert wie möglich wiederzubeleben.

Was hat die Arbeit an dem Film mit dir gemacht? War es eine Art Therapie oder Befreiung für dich, alles quasi noch einmal zu erleben, oder hast du dich auch manchmal überfordert gefühlt?
AG:
Die meiste Zeit hab ich die Arbeit ziemlich professionell betrachtet und es als neutrale Geschichte gesehen, die ich erzählen will. Das war wichtig, um eine gesunde Distanz zu erhalten und einen Film zu machen, der nicht nur mir oder Leuten, die mich kennen, gefällt. Eine Überforderung hat es deshalb nicht gegeben.

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