Interview mit „Rå“-Regisseurin Sophia Bösch

Sich als Mädchen behaupten – im Wald und in der Welt


Sie haben Film in Stockholm studiert und dort das feministische Filmkollektiv Lillemor Film mitgegründet. Inzwischen studieren Sie Regie an der Filmuniversität Babelsberg und arbeiten bei Pro Quote Film. Sehen Sie Unterschiede, was die Situation für Frauen in der deutschen und in der schwedischen Filmbranche betrifft?
Die Filmbranche in Schweden ist uns dank der vom Schwedischen Filminstitut initiierten radikalen Gleichstellungspolitik um einiges voraus. In Deutschland ist die Schieflage immer noch eklatant. Seit Jahren werden fast gleich viele Frauen wie Männer an den Filmhochschulen ausgebildet, im Durchschnitt arbeitet aber nur die Hälfte der Frauen in dem Beruf, den sie an einer Filmhochschule studiert haben. Bei den Männern ist es genau umgekehrt, es arbeiten weitaus mehr Männer in den Gewerken als es überhaupt Absolventen von Hochschulen gibt.
Die Situation vor der Kamera ist ähnlich – auf eine Frau kommen mindestens zwei Männer, egal welches Format man sich anschaut. Das gilt für Schauspielerinnen bis dreißig. Mit zunehmendem Alter verschwinden Frauen sukzessive von der Leinwand und vom Bildschirm. Im Kinderfernsehen sind neunmal (!) mehr männliche Fantasiefiguren zu sehen als weibliche. Ein Bär ist männlich und ein Roboter sowieso.

Wofür setzen Sie sich ein und welche Veränderungen wünschen Sie sich?
Dies alles kann sich nur ändern, wenn mehr Frauen an den Budgets und den Ressourcen der Film- und Fernsehindustrie teilhaben. Bei diesen Geldern handelt es sich um öffentliche Gelder. Die jahrelange freiwillige Selbstverpflichtung der öffentlich-rechtlichen Sender hat nichts gebracht, deswegen ist es Zeit, die Quote als Instrument für den Kulturwandel zu fordern. Wenn die Teams hinter der Kamera diverser werden, werden es auch die Inhalte.

Was bedeutet es für Sie, den Deutschen Kurzfilmpreis gewonnen zu haben?
Es war eine riesige Überraschung und Freude für uns alle – und natürlich eine wunderschöne Ermutigung, weiterzumachen.

Können Sie schon etwas über Ihre nächsten Projekte verraten?
Ja, wir haben gerade angefangen, an meinem ersten Langfilm zu schreiben. Ich kann schon sagen, dass er wieder im Wald spielen wird und dass Mädchen mit Waffen vorkommen.

Die Fragen stellte Stefanie Borowsky für Berliner Filmfestivals.

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