Film- und Streamingtipps: EMA und andere chilenische Filme


BEAR STORY

Darum geht es:
Ein Bär schraubt an seinem Leierkasten herum, der statt Musik ein ausgetüfteltes Diorama enthält. Dann schaut er in ein Kinderzimmer, in dem schon lange keine Kind mehr wohnt. Und schließlich geht er auf die Straße und läutet die Glocke, bis ein kleiner Bärenjunge fasziniert vor ihm steht, und durch das Guckloch schaut, in der Hoffnung auf eine schöne Erzählung, ein Märchen. Doch als der Bär anfängt zu kurbeln, folgt keine klassische Kindergeschichte: Vor den Augen des kleinen Bärenjungen entfaltet sich die Geschichte einer Familie, die durch die Diktatur entzweit wird und nie wieder zueinander findet.

Was du zum Film wissen musst:
Gabriel Osorio Vargas‘ Film ist eine klare Referenz auf Pinochets Militärputsch und die folgenden Drangsalierungen der Bevölkerung in der chilenischen Diktatur. Obgleich der ganze Look einen Stop Motion Look imitieren, ist der gesamte Film in 3D realisiert worden (warum eigentlich?), was besonders in den Diorama-Sequenzen sehr beeindruckend und täuschend echt gelungen ist. Die ineinandergreifenden Rädchen und Mechanismen in der Maschine suggerieren dabei, dass der Lauf der Geschichte determiniert und unausweichlich ist, und dass sich Traumata wiederholen und weitergegeben werden. Nichtsdestotrotz fügt BEAR STORY dem Ganzen eine Prise Optimismus hinzu: Indem der Bär ein Happy End baut, das so nicht stattgefunden hat, verweist er auf die Kraft und die Macht der Fiktion und der Kunst, Vergangenheit zumindest erträglich zu machen. Der Score, der von den Leierkasten-Melodien inspiriert ist, gibt dem ohnehin schon sentimentalen Ton des Films vielleicht etwas zu viel der Süße. Nichtsdestotrotz gelingt Vargas mit BEAR STORY ein spezifischer historischer Blick, der universell verstanden werden kann. Der Film gewann 2016 den Oscar als bester kurzer Animationsfilm – es war der erste chilenische Filmbeitrag, dem dies gelang. – MK

Der Film ist auf YouTube zu sehen.

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