Das 4. „AKE DIKHEA? Festival of Romani Film“ geht vom 19.-23. November online


CHACHO © Vitalii Havura

CHACHO

Darum geht es:
Der Satz „Ich muss dir etwas sagen…“ ist Bestandteil fast jeder Coming-Out-Geschichte. Doch in CHACHO (dt. ehrlich) von Vitalii Havura weiß das Publikum nie so ganz, ob Protagonist Yanush ihn laut ausspricht oder lediglich in seiner Vorstellung äußert. Der knapp 20-minütige Spielfilm erzählt von einer arrangierten Ehe zwischen zwei jungen Roma: Dass sich die beiden kaum kennen wäre das eine Problem, das andere ist aber, dass Yanushs sexuelle Identität in noch aussichtsloserer Opposition zu eben diesem patriarchalen heterosexuellen Traditionskonzept steht.

Seine einzige Möglichkeit zu entkommen, wäre eine schlagartige Flucht mit seinem Liebhaber, doch würde das zugleich eine Schande für seine zurückbleibende Familie bedeuten. Ein Auto und die von der Familie versprochene eigene Wohnung stellen außerdem eine sichere Zukunft in Aussicht. Ein Doppelleben würde die Eltern vor der Schmach, die ihnen sein Outing innerhalb der Gemeinschaft bringen würde, bewahren. Zwischen Yanushs Gedanken tanzen die fröhlichen Gesichter der Hochzeitsgesellschaft – daneben steht die ebenso verunsicherte aber fröhliche Fassade bewahrende zukünftige Ehefrau.

Was du zum Film wissen musst:
Vitalii Havura erzählt im ukrainischen Film CHACHO von einem jungen Mann, der, so wie seine Verlobte, den Traditionen seiner Familie entkommen möchte, sich aber nicht so leicht davon befreien kann. Yanushs Zerrissenheit und die Überforderung angesichts der bevorstehenden Hochzeitszeremonie zeigt Havura durch die Abfolge verschiedener Aufnahmen, die seine subjektive Wahrnehmung visualisieren – weiche, helle, verblasste Bilder, nahe Einstellungen und eine bewegte Kamera suggerieren eine aufgeregte Ereignishaftigkeit. Der überraschende Plottwist passt stilistisch, aber dadurch muss vieles offenbleiben. – BJR

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