IM KINO: NOTES OF BERLIN von Mariejosephin Schneider
Kuriose Episoden aus der großen Stadt
Wer Berlin liebt, kennt den Blog notesofberlin.com, auf dem Gründer Joab Nist seit 2010 allerlei kuriose und skurrile Zettelbotschaften aus der Hauptstadt versammelt. Über 55.000 solcher Funde reichten Berliner Zettelfreund:innen bislang ein. Ob verzweifeltes Gesuch an der Laterne oder passiv-aggressive (und natürlich anonym verfasste!) Botschaft an den nervigen Nachbarn – sie alle sind typisch für das alltägliche Leben in Berlin mit seinen zahlreichen grundverschiedenen Kiezen. In vierzehn verschiedenen und durch besagte Zettel inspirierten Episoden zeichnet Regisseurin Mariejosephin Schneider in NOTES OF BERLIN ein Bild der wunderbaren, einzigartigen großen Stadt und ihrer Bewohner:innen.
Da ist etwa Irish Setter Baader, der von seinem Besitzer, einem in die Jahre gekommenen Revoluzzer, einen bewusst provokanten Namen bekommen hat, und der kurzerhand in die M8 einsteigt und durch Berlin fährt – allein. Da ist Rosa, die ein Horror-WG-Casting bei egomanischen Hipster:innen über sich ergehen lässt und dabei mit dem Akkuschrauber in der Hand die Fassung verliert – verständlicherweise. Oder der scheue Gamer Alex, der seine Berliner Wohnung schon viel zu lange nicht mehr verlassen hat und dem eines Tages ein Lieferant ein ausgebüxtes Kaninchen in die Hand drückt, das ihn zwingt, Kontakt zu seinen Nachbar:innen aufzunehmen.
Da ist der betrunkene englische Fahrgast, der sich in Paris glaubt und den der Taxifahrer mit den Worten „Good luck!“ mitten in der Nacht am Funkturm statt am Eiffelturm absetzt. Da ist Rawad, der durch Selmas Aushang vor seinem Stamm-Späti erfährt, dass er Vater wird. Und da ist der Sinnspruch, der an einer Kreuzung in Berlin-Mitte hängt und im Leben einiger Filmcharaktere eine Rolle spielt: „For one minute please, just stand here in silence and look at the sky, and contemplate how amazing life is“ („Für eine Minute nur: Bleib stehen, schau in den Himmel und mach dir klar, wie erstaunlich das Leben ist“).
Regisseurin Mariejosephin Schneider, die an der DFFB studierte, verfasste gemeinsam mit Thomas Gerhold auch das Drehbuch zu NOTES OF BERLIN und finanzierte ihren zwischen 2015 und 2017 gedrehten Film unter anderem durch Crowdfunding. Die vierzehn verschiedenen, teils eng, teils nur lose miteinander verbundenen Episoden aus der Hauptstadt, die im Gegensatz zu denen anderer Städtefilme wie NEW YORK, I LOVE YOU oder PARIS, JE T’AIME alle auf authentischen Berliner Zettelbotschaften beruhen, setzen sich zu einem vielschichtigen, mal herrlich komischen, mal bewegenden Mosaik Berlins zusammen. So wird NOTES OF BERLIN zu einem Muss für alle, die Berlin lieben!
Stefanie Borowsky
NOTES OF BERLIN, Regie: Mariejosephin Schneider; Darsteller:innen: Andrea Sawatzki, Tom Lass u.v.a.
Kinostart: 9. September 2021