„Smuggling Hendrix“ von Marios Piperides
Mit „Smuggling Hendrix“ erzählt der Zypriote Marios Piperides mit großem Gespür für Timing, skurrile Details und Situationskomik eine herrlich komische Geschichte vor ernstem Hintergrund. Anhand der Metapher des kleinen Hundes, der nicht zurück nach Hause darf, verdeutlicht Piperides die Sinnlosigkeit der Grenze. Der zypriotische Regisseur, der auch das Drehbuch zum Film schrieb und bisher als Filmproduzent tätig war, gewann für die temporeiche Komödie bereits einige Preise, u.a. beim Tribeca Film Festival in New York 2018 den Preis für den Besten Internationalen Spielfilm.
Mit Leichtigkeit zeichnet Marios Piperides Konflikte und Streitgespräche, die gleichzeitig absurde und ernste Elemente enthalten, etwa, wenn Yiannis und Hasan sich darum streiten, wessen Vater oder Großvater mehr Bäume im Garten des Hauses gepflanzt habe. Beide, Yiannis und Hasan, sind in dem Haus geboren worden und sehen es als ihres an.
Neben den Schauspieler*innen spielt auch die geteilte und in der Nähe der Grenze teils sehr verfallene, verlassene und fast geisterhafte Stadt Nikosia eine Hauptrolle. Piperides lässt immer wieder auch die aktuelle politische Lage auf Zypern einfließen, indem er im Hintergrund Nachrichten im Fernsehen laufen lässt oder Zeitungen fast beiläufig in den Fokus nimmt.
Das zypriotisch-griechisch-türkisch-deutsche Ensemble, zu dem neben dem in Hamburg lebenden Adam Bousdoukos auch der deutsch-türkische Schauspieler Özgür Karadeniz („Nur eine Frau„) gehört, spielt sich sympathisch und leichtfüßig durch die Geschichte.
Obwohl die durchaus liebevolle Figurenzeichnung insgesamt noch etwas tiefgründiger hätte ausfallen können, kommt sie recht differenziert daher. So lassen sich die Figuren nicht ganz klar in Schubladen wie „Gut“ und „Böse“ einteilen. Hasan hilft Yiannis zwar zunächst nur, weil dieser ihn erpresst, doch schon bald lernen sich die beiden trotz ihres ständigen verbalen Schlagabtausches zu schätzen. Selbst der zwielichtige Tuberk, den Hasan ins Boot holt, um Jimi über die Grenze zu bringen, entpuppt sich nicht (nur) als der Schurke, der er anfangs zu sein scheint.
Mit der Figur des Hasan spielt zum ersten Mal ein türkischer Siedler in einem zyprischen Film eine Rolle, die einen Namen trägt – und die durchaus auch positive Eigenschaften aufweist. So überwinden nicht nur die Filmfiguren, sondern auch das Filmteam Grenzen und nähern sich an, indem sie sich persönlich kennenlernen und gemeinsam ein Ziel verfolgen: Jimi zurückzubringen. Eine weitere Mauer wird zu Fall gebracht – zumindest in und mit diesem Film.
Stefanie Borowsky
„Smuggling Hendrix„, Regie: Marios Piperides; DarstellerInnen: Adam Bousdoukos, Fatih Al, Vicky Papadopoulou, Özgür Karadeniz; Kinostart: 14. November 2019