4. Human Rights Film Festival Berlin: GHOSTS OF AFGHANISTAN von Graeme Smith


GHOSTS OF AFGHANISTAN_Smith interviews Peace activist Bismallah Wantadost in Kandahar © Galafilm

Der kanadische Journalist Graeme Smith geht 2005 nach Afghanistan – und bleibt. Smith beschreibt in seiner Dokumentation GHOSTS OF AFGHANISTAN, wie er sich als junger Kriegsreporter über einen rauen Wilden Westen am Hindukusch freute, in das aufregende Kabul kam, in das US-Truppen kurz zuvor „Licht in die Dunkelheit“ des talibanregierten Afghanistan gebracht hatten. In fühlig-emotionalen Interviews mit Helfern, Beamten und Taliban, unterwegs in den bombensicheren Vierteln der Eliten, auf den staubigen Straßen des Hinterlandes, in waffenblitzenden Polizeikontrollen, ministerialen Büros, Mädchenschulen und Waisenhäusern geht er dem Wiedererstarken der Taliban nach und dem immer stärker puckernden Kriegskater des Westens am endlosen Morgen nach dem Waffenrausch. Merklich eilig hat Smith vor allem das Ende an die aktuellen Ereignisse im August angepasst.

GHOSTS OF AFGHANISTAN ist die Geschichte eines konservativen Erwachsens und einer schleichenden Ernüchterung über den 20 Jahre währenden Krieg gegen den Terror aus der Sicht eines zumindest anfangs Überzeugten. Die Naivität der emotionalisierten Schilderung, die von Bombenattentat bis Burka sämtliche gängige Kategorien bedient, ist Smiths kugelsichere Weste gegen tiefere Zweifel an der Legitimation des Krieges. Die grobkörnigen Frontaufnahmen, Hochglanzmontagen und Nahaufnahmen von Erweckungsberichten dieser sehr persönlich gehaltenen Dokumentation gehen von einem anfangs „noblen Krieg“ aus. Oberflächlich reflektiert er die Romantisierung des als Selbstverteidigung nach 9/11 begründeten Einmarsches, verweigert sich aber tieferen Erklärungsebenen. Trotz kritischer Einsprengsel fehlt die Distanz zur westlichen Hybris, die wenig später zur großen Lüge des Irakkrieges führte. Als desillusionierte Abrechnung gedacht ist GHOSTS OF AFGHANISTAN filmisch und erzählerisch eher eine allzu exemplarische Fußnote zur folgenreich vereinfachenden Weltsicht, die nach den Anschlägen auf das World Trade Center auch Deutschland erfasste.

Alexander Wolff

Termin beim 4. Human Rights Film Festival Berlin:

21.09. | 18:00 | Atelier Gardens (Oberlandstraße 26-35; 12099 Berlin) im Director’s cut
Anschließend: Publikumsgespräch mit Graeme Smith