„45 Years“ von Andrew Haigh
Eingeholt
Der Ex-Schüler, der ihr freundlich die Post die Hand drückt, bringt das „du“ einfach nicht über die Lippen, dabei ist Kate längst nicht mehr seine Lehrerin. Mit ihrem Mann Geoff genießt sie ihren Ruhestand. Demnächst sind die beiden 45 Jahre verheiratet. Ein großes Fest steht an, musste die Feier zum 40. Jubiläum doch ausfallen, weil Geoffs Gesundheit nicht mitspielte, will nun alles perfekt vorbereitet sein. Die Feier ist Kates großes Projekt.
Ein in Deutsch verfasster Brief reißt Geoff aus seinem Trott. Lange war er nicht mehr mit der fremden Sprache, die er einst so sicher beherrschte, in Kontakt. Noch bevor er Kate kannte, verunglückte seine damalige Freundin auf einer gemeinsamen Wanderung durch die Schweizer Alpen. Eine Lawine verschluckte sie, während er sich rettete und verschont blieb. Nun taucht ihre Leiche auf, freigegeben vom Eis, das die junge Frau in einer Felsenspalte konservierte.
Die wohl nie ganz vergessene, aber über ein Leben nahezu verheilte Wunde bricht auf. Fahrig treibt der Rentner durch den Alltag, kramt in alten Fotos und erinnert sich. Kate lernt einen anderen Mann kennen, als den, mit dem sie nahezu ihr ganzes Leben verheiratet war. Einen, der das verstorbene Mädchen wie einen kleinen Schatz irgendwo in seinen Erinnerungen verstaut hat – und nun nicht weiß, wohin mit seinen Emotionen.