„45 Years“ von Andrew Haigh

Nur eine Woche liegt zwischen dem geöffneten Brief und dem Fest, das die Liebe des Paares für alle Freunde und Verwandte noch einmal zelebrieren soll. Andrew Haigh unternimmt mit seinen Protagonisten eine Reise in ihr Innerstes, ihr Intimstes, hin zum Kern ihrer Liebe, die plötzlich mit jedem Tag mehr auf der Kippe zu stehen scheint.

Je tiefer Tom Courtenay als Geoff in seinen Erinnerungen kramt, desto mehr verletzt er Charlotte Ramplings Kate mit seiner Sehnsucht nach der unbekannten Konkurrentin, mit der sie sich nie messen konnte. Dank dem wunderbaren Spiel der beiden Top-Stars entwickelt „45 Years“ seine Kraft. Das Paar, das alles miteinander erlebt hat und nur noch gemeinsam zur Ruhe kommen wollte, muss sich plötzlich wieder miteinander auseinander setzen. Die als unumstößlich wahrgenommene Liebe, gerät ins Wanken. Während Courtenay als Geoff vielleicht sogar mit einer Flucht zu liebäugeln scheint, will Rampling ein Anker sein, doch kämpft sie gleichzeitig gegen einen Geist, der kaum zu bezwingen ist, den die erste große Liebe.

Dank des nuancierten Spiels der beiden Granden offenbart Haigh die unvermeidlichen Konflikte einer Beziehung. Geschickt lassen Regisseur und Darsteller die doch so glückliche Ehe leise eskalieren. Gefeit davor kann kein Paar sein – selbst größte Leidensfähigkeiten sind endlich. Was bleibt ist die Tragödie.

Denis Demmerle

„45 Years„, Regie: Andrew Haigh, DarstellerInnen: Charlotte Rampling, Tom Courtenay, Geraldine James, Dolly Wells, David Sibley, Sam Alexander, Richard Cunningham, Rufus Wright, Hannah Chalmers, Camille Ucan, Kinostart: 17. September 2015

Bei der 65. Berlinale gewannen Charlotte Rampling und Tom Courtenay je einen Silbernernen Bären als Beste(r) Schauspieler(in) für ihre überzeugende Darstellung.
Hier alle Preisträger 65. Berlinale.
https://youtu.be/4a5VecQR7wU