„Superwelt“ von Karl Markovics


Ulrike Beimpold im österreichischen "Superwelt" von Karl Markovics, aus dem Berlinale Forum 2015. Foto: Berlinale

Ulrike Beimpold im österreichischen „Superwelt“ von Karl Markovics, aus dem Berlinale Forum 2015. Foto: Berlinale

Gott in Österreich

Ein silbrig glänzender Boden, leise gurgelndes Wasser und Vogelgezwitscher. Die Kamera gleitet so nah über den Untergrund hinweg, dass er nur zu erahnen ist. Friedlich-harmonische Naturbilder breiten sich im Kopf des Betrachters aus. Dann ist es vorbei mit der gütigen Detailaufnahme und die Totale präsentiert die ernüchternde Realität: Eine Plastiktüte auf einem Supermarktparkplatz.

Bereits die ersten Aufnahmen in „Superwelt“ lassen das große Thema des österreichischen Films anklingen. Es ist eine „Geschichte über das Banale und das Besondere“, wie Regisseur Karl Markovics selbst wunderbar treffend formuliert.

Das Banale, das ist das Existieren der Familie Kovanda. Frau und Mann, Sohn und Tochter leben ihr Leben nebeneinander, selten miteinander. Die Tochter ist bereits mit ihrem Mann nach Wien gezogen und erscheint am Wochenende zum Grillen in der Hitze des elterlichen Gartens auf dem Land. Dann stapelt Vater Hannes Fleischstücke auf den Teller vor seinem dicken Bauch, Sohn Ronnie setzt sich mit an den Tisch vor dem Einfamilienhaus, statt als Soldat zu marschieren oder als Videospieler Monster zu töten und Mutter Gabi bedient die Familie.

Rainer Wöss und Ulrike Beimpold in "Superwelt". Foto: Berlinale

Rainer Wöss und Ulrike Beimpold in „Superwelt“. Foto: Berlinale

Simpel und routiniert, so lebt Gabi. Jeden Morgen steht sie früh auf, den Vormittag verbringt sie damit, Jogurt ins Kühlregal zu stellen, Toilettenpapier auf Regale zu stapeln und ihre Gäste mit dem üblichen „Grüß Gott“ im Supermarkt zu begrüßen. Nachmittags sitzt sie in ihrem Haus auf dem Küchenstuhl neben dem Fenster, trinkt Tee aus der immer gleichen Thermoskanne, dippt Karotten oder Knäckebrot in Frischkäse und bereitet das Essen für ihre Männer vor. Der Höhepunkt der tagtäglichen Routine ist der wöchentliche Frauentanzkurs, an dem die Fünfzigjährige glücklich teilnimmt.

Die blonde, rundliche Frau gleitet von einem Tag zum nächsten, ruhig, gelassen, still. Bis plötzlich etwas Neues da ist. Etwas, das wie die Musik in der Anfangsszene, dem Alltag eine zweite Dimension hinzufügt. Gabi beginnt eine Stimme zu vernehmen, die der Zuschauer nicht hört. Es ist gespenstig, wenn Gabi von einem Moment zum Nächsten einfriert, vergisst, dass sie sich Tee einschenkt und die Tasse bis zum überlaufen füllt. Sie beginnt im scheinbaren Selbstgespräch mit der Stimme zu reden und bricht schließlich aus ihrem Alltag aus, um in der Natur mit leichtem Kleid und offenem Haar alleine mit der Stimme zu sein.

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