„Superwelt“ von Karl Markovics
Regisseur Karl Markovics arbeitet in seinem zweiten Film mit einer Vielzahl von Leitmotiven und Symbolen. So steht in dem kleinen österreichischen Haus buchstäblich die Zeit still, als die Stimme sich immer intensiver an Gabi wendet. Der Küchenwecker funktioniert nicht mehr. Gabi wird bei Markovics zu einer Jesusfigur, die Stimme zur Stimme Gottes. Als die Frau mit den offenen, blonden Haaren und dem wehenden Gewand in die sommerliche Natur zieht, um den Anweisungen der Stimme zu folgen, häufen sich die Parallelen zur biblischen Vorlage. Die Bäume im Garten fangen an zu brennen, Gabi bricht, am Tischende sitzend, zusammen mit Bauarbeitern das Brot und rettet einen Lastwagenfahrer vor einer Wespe. Ehemann Hannes hat sie mit einer ihrer besten Freundinnen betrogen und Sohn Ronnie verleugnet sie gegenüber seinem Vorgesetzten. Wie Jesus wird auch Gabi am Ende von der Stimme verlassen. Hannes betäubt seine Frau mit in Dosengulasch gemischten Schlaftabletten und bringt sie wieder nach Hause. Der Küchenwecker funktioniert wieder und die letzte Szene schließt den Kreis mit dem zweiten Leitmotiv, der Waschmaschine.
Je intensiver Gabi die Stimme gehört hatte, desto intensiver hatte auch die Waschmaschine beim Schleudern gebebt. Trotz dem Verschwinden der Stimme rüttelt die Maschine noch immer das gleichmäßige Dasein der Familie auf. Zum Schluss sorgt sie dafür, dass sich Gabi und Hannes wieder näher kommen und den Film mit einer Sexszene im Waschkämmerchen beenden.
Die Stärke des Films ist ganz klar Hauptdarstellerin Ulrike Beimpold. Die österreichische Schauspielerin ist Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters und fasziniert in „Superwelt” mit ihrem echtem, klaren Spiel. Trotz weniger Dialoge und ruhiger, sparsamer Handlung ist es angenehm und spannend Gabi zu beobachten. Sie wirkt so real, ihre Welt so bekannt, dass der Film auch eine Dokumentation sein könnte. Für Markovics, der durch seine Rolle als Kriminalinspektor Stockinger in der Serie „Komissar Rex“ einem breiteren Publikum bekannt wurde, ist der Film „ein Versuch über Gott“.
Die Kamera hebt Details aus einem durchschnittlichen Leben hervor und macht sie zu etwas Bedeutendem. Banale Ereignisse wie die brennenden Bäume im Garten der Familie werden zu etwas Magischem, etwas Zeichenhaften, ja einer göttlichen Nachricht. Der 1963 in Wien geborene Filmemacher hat mit seinem Film eine Skizze begonnen. So klar und tief das Spiel der Hauptdarstellerin ist, so unscharf sind die vielen Bezüge und Andeutungen von Drehbuch und Kamera. Am Ende bleibt der Zuschauer etwas verwirrt zurück und fragt sich, was es mit der Stimme auf sich hatte, die kam, wieder ging und Gabi nicht zur Aufopferung führte, sondern zum Sex mit dem Ehemann.
Maria Stefania Bidian
„Superwelt„, Regie: Karl Markovics, DarstellerInnen: Ulrike Beimpold, Rainer Wöss, Nikolai Gemel, Angelika Strahser, Thomas Mraz, Sibylle Kos, Michael Scherff, Harri Stojka, Kinostart: 20. März 2015 (in Österreich)