66. Berlinale: „Uncle Howard“ von Aaron Brookner



Was ursprünglich als Versuch einer familieninternen Vergangenheitsaufarbeitung begann, führte Aaron Brookner alsbald zurück in die New Yorker Undergroundszene der 1980er Jahre, in der sein Onkel offenbar eine feste Größe war. Inzwischen zu Kultfiguren und Künstlerpersönlichkeiten avanciert, erinnern sich Jim Jarmusch, Sara Driver und Brad Gooch gerne an den Mann mit dem durchdringenden Blick, der selbst im Angesicht des Beat-Literaten William S. Burroughs und des Theaterregisseurs Robert Wilson souverän und zielorientiert auftreten konnte, um seine beiden Dokumentarfilme „Burroughs: the Movie“ und „Robert Wilson and the Civil Wars“ zu realisieren. Jarmusch und Co. kannten und schätzten Howard Brookner nicht nur – sie erlebten mit ihm gemeinsam auch ihre ersten Gehversuche innerhalb ihrer eigenen Künstlerkarriere, damals noch nicht wissend, wohin ihr gemeinsamer Weg sie führen würde. Für sie war es eine aufrüttelnde Zeit und eine unwiederbringliche Momentaufnahme in ihrer eigenen Biografie, in der Kunst vor allem um der Kunst willen gemacht wurde.

Leider auch eine Zeit, in der HIV-Erkrankungen sich erstmals epidemieartig ausbreiteten und viele Todesopfer forderten. Unter ihnen war auch Howard Brookner, der offen seine Homosexualität lebte – sehr zum Missfallen seiner eigenen Eltern, was in den Interviewsequenzen des Dokumentarfilms ebenso ungeschönt deutlich wird wie die schmerzhafte Leerstelle, die er als Onkel, Sohn, Kollege, Freund und Verbündeter bei vielen Menschen hinterlassen hat. Für sie alle war seine Erkrankung offenbar schwerer zu verkraften als für Brookner selbst, der im Rahmen der Dreharbeiten zu seinem ersten und letzten Spielfilm „Bloodhounds of Broadway“ sogar seine Medikamente absetzte, um sich nicht durch die Nebenwirkungen ausbremsen zu lassen. „Jung zu sterben, ist gar nicht so schlimm, wenn man sein Leben lang das getan hat, was man immer tun wollte“, steht in dem Abschiedsbrief an seine Eltern.
Howard Brookner wollte keine Last in den Herzen seiner Mitmenschen sein. Er wollte der Welt sein Bestmöglichstes hinterlassen, auch und gerade weil ihm nur wenig Zeit dafür blieb. Mit der Hilfe seines Neffen Aaron, der das künstlerische Schaffen seines Onkels virtuos zu einem berührenden Essay aus Zeitgeist, Filmarchäologie und persönlicher Familiengeschichte verwoben hat, ist ihm dies – letzten Endes – definitiv gelungen.

Alina Impe

„Uncle Howard“, Regie: Aaron Brookner, mit: William S. Burroughs, Jim Jarmusch, Robert Wilson, Tom DiCillo, Sara Driver

Termine bei der 66. Berlinale:

Fr 12.02. 20:00 CineStar 7
Sa 13.02. 14:30 CineStar 7
Sa 13.02. 20:00 HAU Hebbel am Ufer (HAU1)
Mi 17.02. 22:30 CineStar 7
Fr 19.02. 17:30 Cubix 7
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