67. Berlinale: „House in the Fields“ (OT: „Tigmi n Igren“) von Tala Hadid


Der Dokumentarfilm "Tigmi n Igren" der Marokkanerin Tala Hadid feierte seine Premiere auf der Berlinale in der Sektion Forum. © Tala Hadid

Der Dokumentarfilm „Tigmi n Igren“ der Marokkanerin Tala Hadid feierte seine Premiere auf der Berlinale in der Sektion Forum. © Tala Hadid

Zwischen Träumen und Realität

Khadija lebt mit ihrer Familie in einem entlegenen Dorf im Atlasgebirge in Marokko. Die lebensfrohe Sechzehnjährige hat viele Träume, die auf den ersten Blick so gar nicht in das Bild einer traditionellen Berberfamilie passen. Sie möchte selbstbestimmt leben und später Anwältin werden. Eine besonders enge Bindung hat sie zu ihrer älteren Schwester Fatima, doch Fatima wird bald heiraten müssen und die Familie verlassen.

Tala Hadids ruhiger Dokumentarfilm „Tigmi n Igren“ (eng. Titel: „House in the Fields„) ist ein verträumter, visuell berührender Film, der nicht nur dem Leben, sondern auch der Gefühlswelt des sechzehnjährigen Mädchens Khadija sehr nahe kommt. Tala Hadid, deren erster Dokumentarfilm „Sacred Poet“ sich dem legendären Regisseur Pier Paolo Pasolini widmete, zeigt das Leben der Berberfamilie als bäuerlich, aber durch die beeindruckenden Naturaufnahmen, die Warmherzigkeit und Lebensfreude, die die Familie ausstrahlt, als lebenswert.
Sie zeichnet außerdem das Porträt zweier junger Mädchen, Khadija und Fatima, die an unterschiedlichen Punkten in ihrem Leben stehen. Vor allem das Selbstbewusstsein von Khadija und ihren Freundinnen, die ihren eigenen Kopf haben und einen selbstbestimmten Platz in einer männerdominierten Welt einnehmen wollen, beeindruckt. Für Khadija ist Fatimas Hochzeit tragisch, denn diese bedeutet, die räumliche Trennung voneinander. Fatima wird mit ihrem Mann in die Stadt ziehen müssen, ein Leben in der Fremde beginnen. Bislang teilten die Schwestern ein Bett. Dieser Abnabelungsprozess von der Familie beruht mehr auf Tradition als auf freiem Willen und es ist schmerzhaft zu beobachten, dass sich gebildete junge Frauen wie Fatima noch immer alten Traditionen unterwerfen müssen.

Tigmi n Igren“ ist aber vielmehr eine Momentaufnahme: Die Assoziation von Fatima zu Khadija liegt zwar nahe, da die beiden Schwestern sich optisch sehr ähneln, doch Khadija selbst sieht sich in erster Linie mit dem räumlichen Verlust ihrer Schwester konfrontiert und noch nicht so sehr in derselben, zukünftigen Position.

1 2