„Der Boden unter den Füßen“ von Marie Kreutzer
Kreutzer beschäftigt sich mit mehreren wichtigen Themen wie psychischen Erkrankungen und ihrem Status in der Gesellschaft sowie mit dem Recht von Frauen, ihre Karriere voranzutreiben, indem sie sich genauso rücksichtslos verhalten, wie es von Männern angenommen und erwartet wird. Es geht auch um die Einsamkeit, die daraus resultieren kann.
Die deutsche Schauspielerin Valerie Pachner verkörpert Lola sehr überzeugend und vermag durch eine reduzierte Spielweise starke Emotionen zu transportieren. Sie stellt sowohl Strenge als auch Verletzlichkeit dar. Der Film stützt sich auf ihre Leistung, was mit Sicherheit seine Stärke ausmacht. Die statische Kamera unterstreicht die sterile Umgebung, in der Lola lebt; da ist ihre Wohnung, in der alle persönlichen Gegenstände fehlen und nur nackte, weiße Wände vorhanden sind, oder die Büros, die nur nur als temporäre Arbeitsplätze mit wenigen notwendigen Möbeln funktionieren, die Hotelzimmer und schließlich die Klinik, in der sie ihre Schwester besucht. In „Der Boden unter den Füßen“ wählt Marie Kreutzer eine nüchterne Ästhetik, die eine feste Distanz zwischen Protagonisten und Zuschauer schafft.
Die Beziehung zwischen den Schwestern, ihre Co-Abhängigkeit und der Wunsch, aber die Unfähigkeit von Lola, ihre Schwester zu retten, ist der stärkste Teil des Films, auch wenn ein tieferer Einblick möglich gewesen wäre. Darüber hinaus fehlt dem Film eine prägnantere Vision. „Der Boden unter den Füßen“ wirkt überladen und sperrig. Weibliche Homosexualität und sexuelle Belästigung, zwei sehr wichtige Themen, wurden auch in den Ring geworfen, ohne eine entsprechende tiefere Auseinandersetzung zu ermöglichen. Es gibt auch einen kleinen Versuch, eine gewisse Ironie in die Handlung zu bringen, wenn es um die Klinik und ihre Bewohner geht, aber das offenbart sich als verpasste Chance ohne Kontinuität. Zweifellos sind wir mit einem wichtigen Versuch konfrontiert, über das Schicksal eines verlorenen Charakters zu berichten, der im wirklichen Leben sicherlich seine Entsprechung hat.
Teresa Vena
„Der Boden unter den Füßen„, Regie: Marie Kreutzer; Darstellerinnen: Valerie Pachner, Mavie Hörbiger, Pia Hierzegger; Kinostart: 16. Mai 2019