„Gelobt sei Gott“ von François Ozon
Verpasste Chance
François Ozons Film „Gelobt sei Gott“ (OT: „Grâce à Dieu„) basiert auf dem Fall des Priesters Bernard Preynat, der 2016 wegen sexuellen Missbrauchs von über 70 Jungen angeklagt wurde. Der Prozess läuft noch, bislang ist Preynat nicht verurteilt worden. Auch Kardinal Philippe Barbarin, die Kirchenpsychologin Régine Maire und fünf weitere Mitarbeiter der Kirche müssen sich als Mitwisser im Fall Preynat vor Gericht wegen Nichtanzeige verantworten. Am 7. März 2019 wird das Urteil im Fall Barbarin et al. gesprochen.
Ozon wurde durch die Medien auf die Website und Selbsthilfeorganisation „La Parole Libérée“ („Das befreite Wort„) aufmerksam, die von Opfern Preynats ins Leben gerufen wurde. Der Regisseur kontaktierte die Organisatoren und traf sich mit ihnen. Nachdem zuerst eine Dokumentation geplant war, entschied sich Ozon dazu, das Geschehen zu fiktionalisieren.
Durch Zufall erfährt der Ehemann, fünffache Vater und gläubige Katholik Alexandre (Melvil Poupaud) aus Lyon, dass der Priester, der ihn als Kind bei den Pfadfindern sexuell missbraucht hat, immer noch mit Jugendlichen arbeitet. Er entscheidet sich dazu, gegen den Täter vorzugehen und setzt sich mit einer Kirchenpsychologin und weiteren Kirchenvertretern in Verbindung. Nach und nach findet Alexandre in François (Denis Ménochet), Gilles (Éric Caravaca) und Emmanuel (Swann Arlaud) weitere Opfer des Priesters Preynat, die gemeinsam mit Alexandre für späte Gerechtigkeit kämpfen.
Die realen Abläufe, vergleichbar mit einem Dominoeffekt, gaben die Struktur des Films mehr oder weniger vor. Im ersten Teil des Films nimmt Ozon Alexandre, der den Stein ins Rollen brachte, und seine Familie in den Blick. Aus dem Off lesen Alexandre und verschiedene KirchenvertreterInnen E-Mails und Briefe vor, die sie im Fall Preynat miteinander ausgetauscht haben, während auf der Leinwand Alexandres Alltag stattfindet.
Nach Alexandre rückt Ozon François und seine Familie in den Fokus, um danach kurz zu Gilles, einem Arzt, umzuschwenken. Alexandre, François und Gilles haben einen bürgerlichen Hintergrund, Familien und gute Jobs. Im letzten Teil des Films konzentriert sich Ozon dann aus dramaturgischen Gründen auf Emmanuel, der auf seinem Lebensweg am meisten unter den sexuellen Übergriffen in der Vergangenheit gelitten hat. Emmanuel hat keine Kinder, keine Arbeit und leidet als Epileptiker bis heute auch körperlich unter dem Missbrauch.