„Ich war zuhause, aber“ von Angela Schanelec



Mit „Ich war zuhause, aber“ gewann Angela Schanelec bei der diesjährigen Berlinale den Silbernen Bären für die Beste Regie. Die statische Kameraarbeit (Kamera: Ivan Markovic) und die Regie, die Situationen einfach laufen lässt, ohne den Figuren zu nahe zu treten, die langen Einstellungen, die spärlichen, aber kraftvollen Dialoge, die artifizielle, theaterhafte Sprache – all das lässt viel Freiraum für eigene Interpretationen.

Der Titel „Ich war zuhause, aber“ sei quasi eine Fortführung von „Ich bin den Sommer über in Berlin geblieben“ (1993), dem Titel ihres ersten halblangen Films, sagte die Regisseurin, die der Berliner Schule zugeordnet wird, bei der Berlinale-Pressekonferenz. Außerdem sei „I was born, but“ (1932) des japanischen Regisseurs Ozu der schönste Filmtitel, den sie sich vorstellen könne.

Astrid ist zuhause, aber gleichzeitig ist sie nicht richtig da, scheint, in ihrer eigenen Wirklichkeit zu leben. Die wunderbare Maren Eggert spielt Astrid mit Bravour. Eggert, die bereits zum vierten Mal mit Angela Schanelec drehte, sagte in der Berlinale-Pressekonferenz, Schanelecs Figuren stünden immer in einem größeren Zusammenhang und ließen sich nicht als Individuen interpretieren. Eggert wolle mit den von ihr gespielten Figuren Räume öffnen und Assoziationen entstehen lassen. In „Ich war zuhause, aber“ gelingt es ihr meisterhaft.

Am Ende sind da wieder der Hund und der Esel in dem verlassenen alten Haus. Es ist Nacht, der Hund hat sich gut geschützt und geborgen unter dem Esel schlafen gelegt. Was verbindet den Hund und den Esel mit Astrids brüchigem Familienleben in Berlin? Spielt Schanelec auf den wohl berühmtesten Esel der Filmgeschichte aus Robert Bressons „Zum Beispiel Balthazar“ von 1966 an und wenn ja, mit welcher Absicht? Bresson präge sie natürlich seit Jahrzehnten, so Schanelec, aber warum nicht einfach mal einem Esel zuschauen?

Vielleicht muss man „Ich war zuhause, aber“ in all seiner Rätselhaftigkeit und Unverbundenheit am Ende nicht rational ergründen, sondern sich einfach auf seine Stimmung einlassen und eigene Gedankenverbindungen zulassen. Vielleicht macht gerade die Möglichkeit, eigene Erklärungen für all die Doppeldeutigkeiten zu finden, „Ich war zuhause, aber“ zu einem Kunstwerk, das in seiner Andersartigkeit zweifellos eine Bereicherung für den diesjährigen Berlinale-Wettbewerb darstellt.

Stefanie Borowsky

Ich war zuhause, aber„, Regie: Angela Schanelec; DarstellerInnen: Maren Eggert, Jakob Lassalle, Clara Möller, Franz Rogowski, Lilith Stangenberg, Alan Williams, Jirka Zett, Dane Komljen, Devid Striesow; Kinostart: 15. August 2019

Bei der 69. Berlinale gewann Angela Schanelec den Silbernen Bären für die Beste Regie.

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