NEVER RARELY SOMETIMES ALWAYS von Eliza Hittman
Ungewollt
Etwas verloren steht Autumn (Sidney Flanigan) mit ihrer Gitarre auf der Bühne vor dem Mikro. Nun ist sie an der Reihe. Nach einem kurzen Moment überwindet sie ihre Ängste und die Nervosität weicht. Kaum bei sich und in ihrem Song angekommen, nutzt ein Halbstarker im Publikum eine Gedankenpause, um aus der Anonymität der Menge heraus „Slut“ zu brüllen. Autumn zuckt, scheint taumeln zu wollen, fängt sich aber und bringt ihren Song zu Ende. Vielleicht nimmt sie den höflichen Applaus des Publikums wahr. Wenig später sitzt sie im Kreis der Familie in der Pizzeria, wo sie sich nicht viel wohler als auf der Bühne fühlt. Ein, zwei Momente, wenige ungeschickte Worte reichen, um sie wütend aufspringen zu lassen und zu gehen. Auf ihrem Weg nach draußen kreuzt das Mädchen einen Tisch, an dem eine Gruppe Jungs blödelt. Sie hält vor einem von ihnen kurz inne, nimmt das Glas Wasser vor ihm und schüttet es ihm ins Gesicht. Wahrscheinlich war es der Störenfried, es regt sich jedenfalls kein Widerspruch – und selbst wenn, Autumn ist schon weg. Sie muss sich um ganz andere Probleme kümmern, ihre Probleme. Die 17-Jährige ist schwanger.
Ungewollt schwanger. So teilt sie in keiner Sekunde die Freude über das Wunder, als das ihr die Ärztin die ersten Geräusche des Fötus offenbart. Für Autumn ist diese Schwangerschaft ein weiteres Problem in ihrem jungen Leben und zwar eines, das über „Girls-Problems“, wie sie gegenüber ihrer Cousine Skylar (Talia Ryder) ihre Situation beschreibt, hinausgeht. In Pennsylvania kann der Schwangerschaftsabbruch bei unter 18-Järhigen nur mit Einverständnis der Eltern durchgeführt werden. Ein Gespräch mit den Eltern scheint undenkbar. Die Mädchen organisieren sich Geld für Bustickets und reisen nach New York. Nur auf sich gestellt, das wissen sie, das hat sie ihr Leben gelehrt.