„Across the River“ von Lorenzo Bianchini
Das Menschenmonster im Wald
Wer zu neugierig ist, der vermisst kurz darauf Gliedmaße. Zumindest im Horrorfilm. Da ist „Across the River“ (IT, 2013) nicht anders gestrickt. Der neueste Film des italienischen Regisseurs Lorenzo Bianchini beginnt mit einem Zoom in den Wald – auf die Zubringerstraße, eine Waldschneise und schließlich auf eine Waldlichtung: Hier parkt der akribische Naturforscher Marco Contrada (Marco Marchese) sein Wohnmobil. „Wildschwein, männlich, ausgewachsen; die Tiefe der Schalen lässt vermuten, dass es schnell gerannt sein muss“ spricht er auf sein Tonbandgerät und geht weiter. Er hat diverse Kameras und Nachtkameras installiert, liest Fährten, untersucht die Spuren, die die Tiere im Wald hinterlassen. Ein Eigenbrötler, der sich nur kurz eine Pause gönnt, um sein Brötchen zu kauen und dann gleich weiterzieht, die Fauna in Gänze zu dokumentieren.
Doch plötzlich schreckt er nachts hoch, weil er (un)menschliche Schreie hört. Und dann zeigt die Nachtkamera, die der Naturforscher einem eigens dafür betäubten Fuchs um den Hals gelegt hat, schließlich monströs zerfetzte Tiere, unter anderem Hirsche, denen die Gedärme aus dem Leib schauen. Die berufliche Neugier treibt den Naturforscher dazu, dem Fuchs zu folgen, über den Fluss – der anschwillt und unüberquerbar wird – in eine Dorfruine, in der plötzlich wilde Tiere seine letzten Sorgen sein werden.
Es ist ein ruhiger, ein sympathischer Einstieg, den „Across the River“ da liefert – unaufgeregt, sodass man sich richtiggehend auf das Schockmoment freut, das die blonden, feinen Mädchenhaare in den Wildgattern erahnen lassen. Sehr überzeugend ist dabei das reduzierte Setting, die feine Charakterisierung des Naturforschers und die musikalische Untermalung (Kinderchoräle und andere, schöne Musikstücke) geraten.