„Alice im Wunderland – Hinter den Spiegeln“ von James Bobin



Auf ihrer wilden Fahrt durch die Meere der Zeit erfahren wir so Manches über die Vergangenheit der drei Hauptcharaktere: Über die schwierige Familiengeschichte des verrückten Hutmachers sowie die Ursache für die Dickköpfigkeit der Herzkönigin und ihren schwesterlichen Zwist mit der weißen Königin. Vor allem aber reisen wir zurück zu dem grauenvollen und für das Schicksal des Verrückten Hutmachers so bezeichnenden Horenvendish Day, als die böse Herzkönigin mithilfe des Jabberwocky, eines grausamen Drachen, gegen den Alice in der Burton’schen Verfilmung siegreich angetreten war, das Unterland in Brand gesteckt und die Macht an sich gerissen hatte.
Von der Inszenierung her erinnern diese Bilder sehr stark an die Verfilmungen des Kleinen Hobbits, was sicherlich kein Zufall ist, zeichnet sich doch hier derselbe Szenenbildner verantwortlich, der bereits die „Herr der Ringe“-Trilogie ausgestattet hatte.

Dass der Lauf der Dinge nicht wirklich verändert werden kann, wissen wir nicht erst seit der sehr erfolgreichen Teen-Scream-Horror-Reihe „Final Destination„. Auch sonst ist die Geschichte leider eher etwas dünn. Trotz der zahlreichen Effekte und der rasanten Erzählweise will die Handlung irgendwie keine so rechte Fahrt aufnehmen und gerät gefühlt sehr lang.
Alice im Wunderland – Hinter den Spiegeln“ setzt offensichtlich auf Gefälligkeit, gewaltfreie Disney-Familientauglichkeit und Situationskomik, wobei ein paar der Kalauer mit Zeit-Bezug tatsächlich ganz witzig sind. Allerdings werden Zuschauer ohne ausgeprägten Sinn für kindischen Humor und einfache Schenkelklopfer hier nicht einmal müde lächeln.
Der Versuch die Story in einen sozio-historischen Hintergrund weiblicher Unterdrückungsgeschichte einzubetten, als Alice zwischenzeitlich aus dem Unterland erwacht und sich in einer psychiatrischen Klinik mit diabolischen Ärzten und der Diagnose auf Hysterie wieder findet, wirkt eher unbeholfen und deplatziert. Ebenso der nette Versuch des Female Empowerments zum Ende hin, als Alices Mutter in der Tracht einer Suffragette noch ein schneller selbstbewusster Auftritt gewährt wird.

Die 3D-Technik scheint vor allem der Animation der immer wieder aufstiebenden Glitzer- und Schmetterlingsschwärme zu dienen, reizt aber weder seine Möglichkeiten aus, noch gelingt es, den Funken wirklich überspringen zu lassen. Da „Alice im Wunderland – Hinter den Spiegeln“ jedoch nur in Digital 3D, Real 3D und IMAX 3D erscheint, kommt da wohl niemand drum herum.
Wenigstens gerät „Alice im Wunderland – Hinter den Spiegeln“ somit nicht als reine Effektorgie, was gerade die jüngeren Zuschauer nicht überfordert. Denen bereitet die relativ farbenfrohe Inszenierung sicherlich große Freude. Zudem ist Alice sicher nicht eine der schlechtesten weiblichen Disney-Vorbilder für die kleinen Zuschauerinnen.

James Bobin ist es auf jeden Fall gelungen, einen in seiner Ästhetik würdigen Nachfolger zu Tim Burtons „Alice im Wunderland“ zu kreieren, obwohl er die für Burton so typischen düsteren Zwischentöne vermissen lässt.

Tatiana Braun

Alice im Wunderland – Hinter den Spiegeln„, Regie: James Bobin; DarstellerInnen: Johnny Depp, Mia Wasikowska, Anne Hathaway, Helena Bonham-Carter, Sacha Baron Cohen, Rhys Ifans, Kinostart: 26. Mai 2016

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