„Arrythmie“ von Boris Chlebnikow



So durchleben nicht nur Oleg und Katja ein Wechselbad der Gefühle, sondern auch wir Zuschauer. Oleg ist charmant, humorvoll und gewissenhaft, wenn er arbeitet. Er ist ein Charakter, dem man gerne folgt. Wir fiebern mit ihm, wenn er den Missständen im maroden russischen Gesundheitssystem die Stirn bietet. Doch wechselt der Film die Perspektive und zeigt uns Oleg als Privatmann mit all seinen Fehlern, verlassen wir ihn und können es am Ende doch nicht ganz – ähnlich wie Katja. Denn wir kennen nun beide Seiten der Medaille, beide Gesichter von Oleg.
Wir sind ebenso gefangen wie das junge russische Paar auf der Leinwand, in einem Strudel aus Liebe, Wut und Traurigkeit, dessen Ausgang nur schwer abzuschätzen ist.

Arrythmie“ eröffnete die diesjährige Russische Filmwoche in Berlin, nachdem er zuvor beim FilmFestival Cottbus überzeugte und in seiner Heimat Russland bereits vielfach mit Preisen ausgezeichnet wurde. Der Film erhielt auf dem wichtigsten nationalen Filmfestival Kinotavr nicht nur den Grand Prix und den Publikumspreis, sondern auch den Preis für die beste männliche Hauptrolle. Aleksandr Yatsenko und Irina Gorbacheva tragen als Oleg und Katja den Film und schaffen es glaubhaft, deren dysfunktionale Beziehung auf die Leinwand zu bringen. Wenn Yatsenko als Oleg trübsinnig ins Leere starrt und noch einen Zug aus der Flasche nimmt, erscheint er dabei ebenso natürlich wie wenn er im Einsatz mitfühlend Beistand leistet.
Auch Gorbachevas Katja wirkt in jedem Moment wie ein echter Mensch, ob nun in ihrer Wut auf Oleg oder in ihren tiefen Zweifeln an der Entscheidung, die Beziehung zu beenden. Dieser Umstand macht „Arrythmie“ zu einer absolut sehenswerten, aber auch schmerzvollen Erfahrung.

Paul Lufter

Arrythmie„, Regie: Boris Chlebnikow, DarstellerInnen: Aleksander Jatsenko, Irina Gorbachewa, Anna Kotova, Aleksandr Samoylenko

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