„Avengers: Age of Ultron“ von Joss Whedon



Der Regisseur und Drehbuchautor Joss Whedon, der ebenfalls das erste Avengers-Treffen in die Kinos brachte, erklärt die Welt als Ziel: „Schon der erste Avengers-Film sollte groß sein. Doch der zweite sollte noch größer werden, breiter, und globaler angelegt.“ In dieser Hinsicht war die Mission, die Goethes Faust-Konzept ähnelt – den Helden in die Welt führen – erfolgreich. So schmeißt Whedon den Zuschauer ohne Umschweife gleich zu Beginn in einen Kampf zwischen dem perfekt agierenden Heldenteam und einer Untergrundorganisation, die Marvel-Fans bestens aus den Solofilmen von Captain America (2011, 2014) bekannt sein dürfte. Diese Szene spielt in einem fiktiven osteuropäischen Land. In diesem Tempo geht es dann gegen den höchst überzeugenden Motion-Capture-Roboter Ultron weiter durch Amerika, Asien und wieder Osteuropa.

Bei so viel Action und neue Figuren bleibt wenig Zeit zum Atmen. Immerhin scheinen selbst die Helden nach zwei Stunden kampfmüde. Spielraum die Superhelden von ihrer menschlichen Seite zu zeigen ist ebenfalls begrenzt. So müssen sich Götterheld Thor (Chris Hemsworth) und Supersoldat Cap ganz zurücknehmen und ihren Kollegen den Vorrang bei der Charakterentwicklung geben. Während der Tross teilweise aussichtslos scheinende Schlachten bestreitet, erfährt der draufgängerische Tony Stark einmal mehr, was es heißt, Verantwortung für Freunde und die Menschheit zu übernehmen. Er setzt damit seinen Weg aus „Iron Man 3“ (2013) fort, seinem Leben eine ruhigere Laufbahn zu geben. Die Femme fatale Natasha Romanoff alias Black Widow gibt Zuneigung und Gefühle preis – nicht wie gewohnt, weil sie ihrem Gegenüber damit geheime Informationen entlocken will, sondern weil sie tatsächlich so fühlt.

Scarlett Johansson als Black Widow in Marvel's "Avengers: Age Of Ultron". © Marvel 2015

Scarlett Johansson als Black Widow in Marvel’s „Avengers: Age Of Ultron“. © Marvel 2015

Scarlett Johansson nutzt die Gelegenheit, um zu beweisen, dass sie nicht nur dabei ist, weil sie im hautengen Lederkostüm von Black Widow atemberaubend aussieht, sondern weil sie eine erstklassige Schauspielerin ist. Indes lernt Dr. Bruce Banner den rüpelhaften Hulk in sich mehr denn je zu kontrollieren, was nicht unwesentlich mit dem Auftauen der Black Widow zu tun hat. Leider erst zum zweiten Mal verkörpert Mark Ruffalo das grüne Wutmonster und spielt den verstrahlten Doktor derartig herzergreifend liebenswürdig, dass sich die zwei Gesichter des Helden nicht ansatzweise ähneln – Jekyll & Hide in Perfektion. Der Meisterbogenschütze Hawkeye (Jeremy Renner) entpuppt sich als der wohl bodenständigste Held im Avengers-Trupp, der seine Kameraden zum Verschnaufen an einen abgelegenen Ort bringt, an dem er selbst einfach nur Clint Barton sein kann. Eben dieser Ort stellt auch für die Zuschauer den einzigen Ruhepol im Film dar.

Das Große, den Helden die Welt zur Verfügung stellen, ist nun einmal in erster Linie für alle Beteiligten anstrengend. Doch nach Whedon und der abgeschlossenen „Phase 2“ des Marvel-Filmkanonenfeuers ist wohl das Ganze erst mit dem kommenden dritten Avengers-Film erreicht. Aber zunächst reicht der Umfang von „Age of Ultron“ vollkommen und der idyllische Fleck Land wirkt mit dem grünen Gras und blauen Himmel beruhigend. Ein Fleck an dem Holz hacken und Bilder malen zur Superhelden-Romantik gehört.

Nika Waginzik

Avengers: Age of Ultron„, Regie: Joss Whedon, DarstellerInnen: Robert Downey Jr., Chris Hemsworth, Mark Ruffalo, Chris Evans, Scralett Johansson, Jeremy Renner, James Spader, Kinostart: 23. April 2015, auf DVD ab 24. September 2015

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