„Berlin Rebel High School“ von Alexander Kleider



In Hochphasen lernten bis zu 800 Schülerinnen und Schüler an der SFE, doch die Schülerzahl geht seit Jahren zurück und liegt aktuell bei ca. 200. Ein Grund für den Rückgang könnte darin bestehen, dass auch staatliche Schulen dazugelernt haben und heute anderen Unterricht anbieten als noch vor vierzig Jahren. Die Schülerinnen und Schüler von heute entsprechen so sehr dem „Mainstream“ wie noch nie und sind weniger rebellisch als alle SFE-Generationen vor ihnen – so beobachten es Klaus Trappmann und Beate Ulreich. Auch als Zuschauer hätte man vielleicht etwas mehr Rebellentum von der Schülerschaft einer „Rebel High School“ erwartet und schmunzelt, etwa wenn sich ein neuer Schüler gleich am Anfang über das „heruntergekommene“ Schulgebäude äußert.

Der Regisseur Alexander Kleider machte 2000 selbst an der SFE Abitur. Die Lehrerinnen und Lehrer der SFE ermutigten ihn damals dazu, Filme zu machen. Dank dieses Vertrauensverhältnisses konnte der Film gedreht werden – die Vollversammlung entschied sich für den Film. Kleider gelingt in seinem Dokumentarfilm neben einem Schulporträt der SFE auch das Kunststück, die Lebensgeschichten seiner Protagonisten greifbar zu machen, ohne ihnen zu nahezutreten. So kehrt er mit seinen Hauptdarstellerinnen und Hauptdarstelllern für einen kurzen Moment an deren alte Schulen zurück, die in ganz Deutschland verteilt liegen. Sofort fühlen sich Lena, Chris, Alex und die anderen zurückversetzt in eine andere Zeit, in der „Schule“ für sie noch negativ besetzt war, und man bekommt eine Ahnung davon, warum sie damals die Schule abgebrochen haben. Der Film zeigt auch ein Dilemma auf: Viele Schülerinnen und Schüler, die sich an staatlichen Schulen unglücklich, unmotiviert und missverstanden fühlten, blühen an der SFE auf. Das Lernen macht ihnen wieder Spaß. Doch am Ende muss auch die SFE aufs Abitur vorbereiten und sich an die staatlichen Vorgaben halten, denn die Abiturprüfungen müssen die Schülerinnen und Schüler der SFE extern an staatlichen Berliner Gymnasien ablegen.

Mit „Berlin Rebel High School„, seinem zweiten Kino-Dokumentarfilm nach „Im Schatten des Tafelbergs“ (2010), setzt Alexander Kleider seiner ehemaligen Schule und deren sehr erfolgreichem Konzept ein Denkmal. Positive Momente, getragen von einem mitreißenden Soundtrack (komponiert von Eckes Malz), stehen im Vordergrund, doch auch die negativen Aspekte des radikalliberalen Lernens klammert der Film nicht aus. „Berlin Rebel High School“ gewann den Publikumspreis beim Austin Film Festival 2016 und war für den deutschen Filmpreis LOLA 2017 in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“ nominiert. Mit Humor und Tiefgang gibt der Film der wichtigen Debatte um das Schulsystem in Deutschland einen neuen Anstoß.

Stefanie Borowsky

Berlin Rebel High School„, Regie: Alexander Kleider. Mit: Alex Bäke, Mimy Girnstein, Hanil Altunergil, Lena Christof, Marvin Metag, Florian Geissler, Beate Ulreich, Klaus Trappmann; Kinostart: 11. Mai 2017

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