„Kreuzweg“ von Dietrich Brüggemann



Die Last der Unfreiheit hat das Mädchen gezeichnet, auch wenn sie es selbst nie zugeben würde. Freudlos und brav fügt sie sich in den Familienalltag, der bestimmt wird von einer unberechenbaren und herrischen Mutter, Gebet, Verzicht und Unterordnung. Das macht sie zu einem Mädchen, das viel zu ernsthaft und korrekt für einen pubertierenden Teenager ist. Statt Rebellion bleibt ihr nur die scheinbar freiwillige Selbstaufgabe und Anpassung an die dogmatische Ordnung. Doch immer wieder stößt sie an die natürlichen Grenzen dieses weltfremden Regelkanons und lädt Schuld auf sich. Dafür muss sie büßen.

Stilistisch folgt der Film ganz der Geschichte. Starr ist das lebensfeindliche System und starr ist die Kamera. Bis zum Moment der Erlösung verharrt sie unbeweglich im Raum. Konsequent wählt sie große Bildausschnitte und bleibt auf Abstand zu den Figuren und ihrer Umgebung. Für den Zuschauer eine Bildbetrachtung fast schon im kunsthistorisch klassischen Sinne, denn auch die Ästhetik folgt einer ikonographischen Bildtradition. Die ist lediglich etwas moderner und erinnert in Anleihen an Fotografien von Martin Parr oder David LaChapelle, nur ohne die übertriebene Lichtregie oder Hochglanzeffekte.

Sportunterricht stellt eine beondere Herausforderung dar. Im Bild Lea van Acken (links) und Birge Schade © Alexander Sass

Sportunterricht stellt eine beondere Herausforderung dar. Im Bild Lea van Acken (links) und Birge Schade. © Alexander Sass

Ein Wermutstropfen bleibt allerdings die steife Schauspielinszenierung. Wie im Theater monologisieren die einzelnen Figuren vor sich hin, Gespräche bleiben aufgesagte Texte, in denen jeder brav auf seinen Einsatz wartet. Obwohl die Dialoge gut beobachtet sind, fühlt es sich für den Zuschauer leider zu oft schwülstig, dozierend, übertrieben oder unauthentisch an. Das mag an mangelnder Regieanleitung liegen oder der gewählten Kameraeinstellung geschuldet sein, die durch fehlende Schnitte, den Schauspielern Texte abverlangte, die anscheinend teils 15 Seiten lang waren. Störend ist es allemal, da es dem Film trotz aller Perfektion leider einen etwas holprigen Anstrich gibt.

SuT

Kreuzweg„, Regie: Dietrich Brüggemann, Darsteller: Lea van Acken, Franziska Weisz, Florian Stetter, Kinostart: 20. März 2014, auf DVD ab 8. Oktober 2014

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