Berlinale Filmkritik: „Wu Ren Qu“ (No Man’s Land) von Ning Hao


Foto: China Film Company

Leichen pflastern den Heimweg von Rechtsanwalt Pan Xiao. Foto: China Film Company

Leg dich nicht mit Hinterwäldlern an

Das hat sich der windige Anwalt Pan Xiao sicher etwas anders vorgestellt. Sein Auftrag, mitten im nirgendwo einen Wilderer zu verteidigen, der illegal Falken fängt und verkauft, sollte ihm einen Menge Geld einbringen. Doch daraus wird nichts. Stattdessen fährt er mit einem roten Auto als Pfand zurück nach Hause, in froher Erwartung sein Honorar binnen zehn Tagen in den Händen zu halten, und darüber hinaus eine gute Story für die Presse. Etwa in der Form: „Findiger Rechtsanwalt rettet gutherzigen Tierschützer vor dem Knast.“ Nun befindet sich Pan Xiao aber mitten in der Xinjiang-Wüste. 500 Kilometer weit entfernt von zu Hause.

Regisseur Ning Hao hätte seinen Film nicht „No Man´s Land“ getauft, würden dem Helden nicht zahlreiche Steine in den Weg geworfen werden. Und so passiert es auch: Nervige Tankstellenwärter, die auf Abzocke aus sind, behindern seine Heimkehr. Dazu psychopathische Truckfahrer, die Pan Xiaos Wagen zusehends demolieren. Eine Prostituierte, die sich ihm als Mitfahrerin aufdrängt – und nicht zuletzt sein Mandant, der ihm mittlerweile auf den Fersen ist, da er eben nicht der freundliche Tierschützer sondern ein ziemlich rigoroser Killer ist.

Ning Hao nutzt die Endlosigkeit der Wüste für eine bildgewaltige Szenerie und hat sichtlichen Spaß daran, seinen Helden minutiös zu zerlegen. Und er muss sich durch ziemlich viele Spaghetti-Western gearbeitet haben, denn die Wendungen und Kniffe seines Films ergeben eine sehr klassische und gelungene Referenz an eben diese. Die Musik entlehnt dazu Motive von Morricone-Scores. Das alles könnte in einem tumben Aufguss enden. Tut es aber nicht. Über weite Strecken unterhalten die schrägen Charaktere und selbst ihre Motive um Rache, Geldgier, Feigheit und Freiheitsdrang ergeben eine amüsante Mischung. Pan Xiao ist der klassische Antiheld, der sich als Egomane am Ende mehr oder minder ungewollt für die richtige Seite entscheiden muss.

Wu Ren Qu“ fehlt aber dennoch die Tiefe, mit denen etwa Sergio Leone seine Settings untermalt hat. Stattdessen überwiegen immer wieder die pathetischen Momente und gerade am Ende sieht man „Wu Ren Qu“ an, dass die Motive der Freiheit, etwa die Jagd nach dem wilden Falken, die der Film durchaus transportiert, zu kurz geraten. Trotzdem – am Ende bleibt ein Film, der viele unterhaltsame Momente besitzt und mit seiner epischen Beschaffenheit weit mehr als ein Aufguss historischer Western ist.

Martin Daßinnies

No Man´s Land„, Regie: Ning Hao, Darsteller: Xu Zheng, Yu Nan, Huang Bo, Dou Bujie