„Das Märchen der Märchen“ von Matteo Garrone
Das Schaffen einer eigenen Welt mit außergewönlichen Kostümen und eindrücklichen Schauplätzen macht die Stärke des Filmes aus. Als Sitze für die Königreiche kommen verschiedene aragonesische Burgen zur Geltung wie sie in Süditalien, beispielsweise auf Ischia oder in Taranto, noch heute eine besondere Ausstrahlung erzeugen. Gedreht wurde unter anderem auf Sizilien. Dem Autor gelingt es auf rein ästhetischer Ebene eine stimmungsvolle und einheitliche Wirkung zu erzeugen.
Die Tatsache, dass alle Figuren englische Namen tragen, und sich damit vom italienischen Original distanzieren, muss vermutlich dem Wunsch einer kommerzielleren Ausrichtung des Films gefolgt sein. Damit geht auch einher, dass die Filmsprache Englisch ist und die Besetzung entsprechend ausgewählt wurde. Besonders hervor hebt sich die Darstellung des Königs von Highhills durch Toby Jones, Vincent Cassel nimmt man den triebgesteuerten Herrscher ebenfalls ab. Der Zuschauer entwickelt für alle Hausoberhäupter im Laufe des Filmes eine wachsende Abneigung. Getrieben durch Neid, Gier, Wollust oder Hochmut fallen sie ihren nächsten über kurz oder lang in den Rücken. Am Ende der Geschichten stehen sie auch kaum gelehriger da als zuvor.
Genau dieses Vermeiden einer versöhnlichen oder belehrenden Wendung, unterscheidet die „Märchen“ Basiles von denen anderer Autoren, wie etwa später der Grimm-Brüder. Eine entschiedene Ähnlichkeit lässt sich in der Form des „Struwwelpeter“ erkennen. Der gewaltätige Charakter, der dem Film nicht nur einen fantastischen, sondern auch einen horrorartigen Einschlag gibt, macht „Das Märchen der Märchen“ interessant und inspiriert einen dazu auch dem Originaltext, der noch viel mehr Einzelgeschichten enthält, Beachtung zu schenken.
Teresa Vena
„Das Märchen der Märchen„, Regie: Matteo Garrone, Darsteller: Salma Hayek, Vincent Cassel, John C. Reilly, Toby Jones, Shirley Henderson, Hayley Carmichael, Stacy Martin, Bebe Cave, Christian und Jonah Less, Kinostart: 27. August 2015