„Eisheimat“ von Heike Fink


"Eisheimat": Rückblick auf ein bewegtes Leben. Foto: mindjazz pictures

"Eisheimat": Rückblick auf ein bewegtes Leben. Foto: mindjazz pictures

238 junge Frauen folgen 1949 dem Aufruf des isländischen Bauernverbandes in einer norddeutschen Zeitung. Gesucht werden Landarbeiterinnen aus Deutschland – und zukünftige Ehefrauen für die alleinstehenden Bauern. Mit einem Frachtkutter geht es nach Island. Die Gründe für die Ausreise sind ganz unterschiedlicher Natur. Bei fast allen ist es die Perspektivlosigkeit im Nachkriegsdeutschland.

Bei einer Reise auf die Vulkaninsel lernt Filmemacherin Heike Fink durch Zufall Anita kennen. Die über 80-Jährige war knapp 20, als sie Deutschland verließ. Heute klammert sie sich, wenn sie ihre Heimat vermisst, an eine Meckifigur. Anita ist eine von sechs Frauen, deren Schicksal Fink in ihrem Debütfilm behutsam entfaltet. 60 Jahre nach der Ausreise ziehen die Frauen in persönlichen Gesprächen Bilanz und berichten sehr emotional von einem Auswanderstrom, der nur wenigen bekannt sein dürfte. Auch wenn es immer wieder um Anfangsschwierigkeiten und Verständigungsprobleme in der Ferne, Heimweh, harte Arbeit und auch verfehlte Liebe geht. Fink beweist ein gutes Gespür, die Gesprächsausschnitte aneinanderzufügen und die Erinnerungen an damals mit dem Hier und Jetzt zu verknüpfen.

Wenn Ursula den Kühlschrank öffnet und ihr Arsenal an Nagellacken präsentiert und nebenbei erzählt, dass sie eben eitel sei und sich selbst auf dem Kutter damals mehrfach umgezogen habe, schmunzeln wir mit ihr. Oder Ilse, die dem isländischen Leben eng verbunden ist, aber eifrig die Daumen drückt, wenn die deutsche Nationalmannschaft auf dem Rasen steht. Dazwischen schaltet Fink etwas lose panoramenartige Aufnahmen der isländischen Natur. Am Ende öffnet Fink die intime Perspektive: Allerdings entsteht der Eindruck, als hätte es sich nur noch kurz vor knapp ergeben, dass auch die Kinder und Enkelkinder etwas zu sagen haben, oder die Frauen beim Kaffeekränzchen gemeinsam zurückblicken.

Eileen Reukauf

Die Kritik erscheint mit freundlicher Genehmigung des Stadtmagazins Kreuzer.

EisheimatRegie/Drehbuch: Heike Fink, Kinostart: 5. Dezember 2013