„Blancanieves“ von Pablo Berger



Nicht von ungefähr erinnert Pablo Bergers Herangehensweise an diesen alten Stoff an den französischen Überflieger „The Artist“ von Michel Hazanavicius. Die Ästhetik der 20er Jahre und die Ausgestaltung in schwarzweißen Bildern eröffnet schließlich Freiräume und Perspektiven, die man in überdimensionierten Hollywood-Blockbuster heute so schmerzlich vermisst oder, was wohl noch weitaus schlimmer ist, wegen belangloser Charakterzeichnung schon nach wenigen Minuten antizipiert. Berger traut seinem Publikum etwas zu, wenn er „Blancanieves“ ganz ohne gesprochenes Wort auskommen lässt, verharrt aber nie nur in der Anbiederung an die Stummfilmära. So meisterlich Berger sich aufs Erzählen versteht, so gelungen ist dazu Alfonso de Vilallongas Partitur für diesen Film.

Darüber hinaus besitzt Schneewittchen, Carmen, hier alle Vorzüge, die sie auch im Märchen und in der Fantasie eines Kindes genießt – das Ebenmaß, den Liebreiz und vor allem ihre bitterliche wie unerschütterliche Naivität und den Glauben an das Gute. Gleichwohl ist Carmen sehr modern und für die Erwachsenenwelt gedacht – sie ist energisch, aufmüpfig und von selbstbestimmter Natürlichkeit. Nur der vermaledeite Apfel, er vermag es am Ende auch dieser stierkämpfende Heldin das Kleid der schlafenden Schönen überzustreifen.

Martin Daßinnies

BlancanievesRegie/Drehbuch: Pablo Berger, Darsteller: Maribel Verdu, Ángela Molina, Inma Cuesta, Macarena Garcia, Daniel Giménet Cacho, Kinostart: 28. 11. 2013

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