Fantasy Filmfest-Kritik: „Wrong“ von Quentin Dupieux


"Wrong": Ist der Hund erst mal weg, ist das Leben untröstlich. Foto: Tiberius Film

Reise ins Nirgendwo

Dolph Springer (Jack Plotnick) ist im wahrsten Sinne ein Verlierer. Vor ein paar Monaten hat er seinen Job verloren – was ihn nicht davon abhält, dennoch jeden Tag im Büro aufzukreuzen, wo es bizarrer Weise ununterbrochen regnet. Nun ist auch noch sein geliebter Hund, Paul, verschwunden und die Suche nach ihm gestaltet sich äußerst schwierig. Wie der Titel impliziert, läuft in „Wrong“ einiges schief. Der Regisseur und Drehbuchautor Quentin Dupieux stand für den Film auch hinter der Kamera, machte den Schnitt und sorgte für den Soundtrack. „Wrong“ ist nach „Nonfilm“ (2002), „Steak“ (2007) und „Rubber“ (2010) der vierte Spielfilm des Franzosen, der Ende der neunziger Jahre als „Mr. Oizo“ mit elektronischer Tanzmusik bekannt wurde.

Spielte im Vorgänger „Rubber“ – der auf den 63. Filmfestspielen von Cannes seine Premiere feierte und seitdem als Kultfilm gilt – noch ein aggressiver, mordlustiger Autoreifen die Hauptrolle, so ist  „Wrong“ wieder mit einem menschlichen Protagonisten besetzt. Dolph, ein liebenswerter Enddreißiger mit zerzauster Mähne, verliert nach dem tragischen Verlust seines Hundes auch zunehmend den Halt im Leben. Außerdem scheint er ausschließlich von inkompetenten Menschen umgeben zu sein: Sein französischer Gärtner, Victor (Eric Judor), werkelt scheinbar täglich und grundlos in Dolphs Garten, bis aus einer Palme über Nacht eine Tanne wird. Ebenfalls eigenartig ist Dolphs Nachbar, der allergisch darauf reagiert, wenn man ihn auf sein tägliches Joggen aufmerksam macht, zwei Koffer packt und auf eine Reise ins Nirgendwo fährt. Außerdem tritt nach einem kurzen Telefonat Emma (Alexis Dziena) in Dolphs Leben – sie ist Angestellte beim Pizzaservice und verlässt ihren Ehemann für Dolph bzw. seinen Gärtner, mit dem sie ihn absurder Weise verwechselt. Zudem kommt heraus, dass Paul nicht einfach verschwunden ist, sondern gezielt von einer Organisation für präventiven Tiermissbrauch entführt wurde. Master Cheng (William Fichtner), ein offensichtlich nicht-asiatischer Guru und Autor von „My Life, My Dog, My Strength“, ist der Kopf der Organisation.

Sein Anliegen ist es, die Wertschätzung von Haustieren zu erhöhen, indem sie erst gekidnappt und später wieder mit ihren Besitzern zusammengeführt werden. Im Fall von Dolph läuft natürlich etwas schief und der Hund muss von einem Tierdetektiv gesucht werden, der nicht an einem Foto von Paul interessiert ist, dafür umso mehr ein seinem letzten Häufchen, um daraus einen Erinnerungsfilm zu extrahieren.

Um die eigentlich banale Story um einen einsamen Mann, dessen Hund verschwunden ist, auf Spielfilmlänge zu dehnen, scheint es, als habe der Regisseur auf seinen Fundus an semi-skurrilen Filmideen zurückgegriffen und auf verschroben-stupide Charaktere gesetzt. Ähnlich wie der Vorgänger „Rubber“ hätte auch „Wrong“ als Kurzfilm besser funktioniert. Mit Banalitäten dekoriert und mit Teenager-Humor angereichert, erfüllt er nicht die Erwartungen, die man Dupieux entgegenbringen kann. Was zu einem absurden existenziellen Trip hätte werden können, wird gegen ein paar flache, visuell ansprechende Episoden schrägen Humors ohne tieferen Zusammenhang verspielt. Man kann nun den Hut ziehen und von einer Rebellion gegen konventionalisierte Erzählschemata reden, oder einfach hoffen, dass es dem Regisseur beim nächsten Film gelingen möge, seinen durchaus erheiternden Hang zum Bizarren mit ein wenig mehr Tiefgang und Esprit zu verfeinern.

Deniz Sertkol