„Frank“ von Lenny Abrahamson


Michael Fassbender ist "Frank"! Foto: Weltkino

Michael Fassbender ist „Frank“! Foto: Weltkino

Der Mann mit der seltsamen Maske

Das Leben schreibt die besten Geschichten. So zum Beispiel über den Musiker Chris Sievey, dessen Alter Ego Frank Sidebottom eine nahezu vergessene Randnotiz in der englischen Musikgeschichte der 80er Jahre darstellt. Ausgestattet mit einem übergroßen Pappmaché-Kopf, auf dem ein drolliges Gesicht aufgemalt war, verkörperte dieser die Rolle eines aufstrebenden Popstars aus der Kleinstadt Timperley im Norden Englands. In seinem altbackenen Anzug mit pantomimischen Gesten und verzerrter Stimme wurde Frank zu einer Kultfigur im Radio und Fernsehen. Doch Chris Sievey lebte Franks naive Persönlichkeit nicht nur auf der Bühne aus, sondern trug sein markantes Outfit auch in seinem Privatleben. So beschreibt dies zumindest der damalige Keyboarder der Band Jon Ronson in einem Guardian Artikel, welcher die Inspiration für Lenny Abrahamsons Filmporträt bildet.

Frank“ ist dabei jedoch kein nostalgischer Blick in die Vergangenheit, sondern versetzt die Figur Frank Sidebottom ins gegenwärtige Independent Musikbusiness. Die Geschichte wird aus der Perspektive des angehenden Musikers Jon (Domhnall Gleeson) erzählt, der an einem provinziellen Seebad zufälligerweise dem obskuren Selbstmordversuch eines jungen Mannes beiwohnt. Dieser ist der Keyboarder in einer Band mit dem unaussprechlichen Namen Soronprfbs und seine Bandkollegen suchen nun nach einem passenden Ersatz für den Auftritt am gleichen Abend. Jon kommt mit ihnen ins Gespräch und bietet sich als Keyboard-Spieler an. Die Gruppe wird von dem geheimnisvollen und verschlossenen Frank (Michael Fassbender) angeführt, der auch im Privatleben niemals seine exorbitante Maske ablegt. Obwohl der gemeinsame Auftritt im Chaos endet, findet Frank Gefallen an der Zusammenarbeit mit Jon und macht ihn spontan zum festen Bandmitglied. Die sechsköpfige Band begibt sich für Proben und Albumaufnahmen in eine abgelegene Ferienhaussiedlung in Irland.

Frank wird dabei als mysteriöses und introvertiertes Individuum charakterisiert. Seine Kollegen erzählen Jon, dass er aus einer Stadt namens Bluff in Kansas stammen soll. Er leidet anscheinend unter Stimmungsschwankungen, die konstant zwischen manischer Kreativität und schleppender Lethargie wechseln. Niemand kennt das Gesicht oder die Geschichte des Mannes hinter der Maske. Dieser Umstand ist umso bemerkenswerter, da die Rolle von dem talentierten Charakterdarsteller Michael Fassbender verkörpert wird. Ganz ohne Gesichtsmimik und allein mit seiner verzerrten Stimme und Gestik schafft Fassbender den Kunstgriff, eine Figur zu formen, die uns als Zuschauer gleichzeitig neugierig und ratlos zurücklässt. Der Film nimmt darauf auch direkten Bezug. Jon offenbart Frank in einer Szene, dass er Probleme damit habe, dessen Emotionen ohne wahrnehmbare Gesichtsausdrücke zu deuten. Frank bietet ihm daraufhin an, seine aktuelle Mimik nach jedem Satz in Worten zu beschreiben.

In der abgelegenen Isolation des Probeumfelds schwellen die Konflikte zwischen den Bandmitgliedern zunehmend an. Am Morgen nach Vollendung des Albums hat sich ihr Manager Don vor der Tür an einem Baum erhängt. Jons Kollegen sind in dieser Situation wenig erfreut, als sie herausfinden, dass Jon den Verlauf der Proben via Twitter und Youtube öffentlich gemacht hat. Denn die Social Media Follower nehmen Frank und seine Band vor allem als Freaks wahr und folgen ihnen nicht nur wegen ihrer Musik. Doch die Zahl der virtuellen Fans führt dazu, dass Soronprfbs eine Einladung für einen Auftritt beim SXSW Festival in Austin, Texas bekommen. Die Band reist nach Amerika. Im Rahmen des aufgebauschten Medienzirkus und konstruierten Hypes verschlimmert sich Franks bipolare Störung zunehmend. Er rennt davon und Jon macht sich mithilfe seiner Twitter-Follower auf die Suche nach ihm.

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