„From The Back Of The Room“ von Amy Oden


"From The Back Of The Room": Gleichberechtigung und künstlerische Verwirklichung der Frau im Harcore-Punk

"From The Back Of The Room": Gleichberechtigung und künstlerische Verwirklichung der Frau im Harcore-Punk

Ära der Riot Grrls

Punkrock öffnete jungen Frauen Horizonte. Jedoch war der Anteil weiblicher Musiker in diesem Genre bedeutend kleiner als der der Männer. Punkrock ist und war eben in erster Linie Rock Musik, also eine Abwandlung des Rock ´n´Roll, einem Slangwort für Geschlechtsverkehr. Lust bedarf notwendigerweise eines Lustobjekts. Da haben wir den Salat, denn in feministischen Kreisen kann Sexualität oftmals nur mit Sexismus oder Kuschelrock gleichgesetzt werden. Jetzt wird auf den Mann, der eine Frau (in seinen Wunschträumen) zu seinem Lustobjekt machen will eine Gewaltphantasie projiziert, die der Frau die Illusion von Macht und Selbstbestimmung verleiht. Das klingt nicht unbedingt nach einem fairen Tausch, aber immerhin ist es ein Tausch. Allerdings impliziert das Ganze, dass ein Mann, der von seiner Sexualität redet, per se ein Repräsentant dessen ist, was sonst auch gerne mal „strukturelle Unterdrückung“ genannt wird. Amy Odens Dokumentation „From The Back Of The Room“ springt zurück in die Ära der Riot Grrls. Der Streifen konzentriert und portraitiert den Hintergrund von Musikerinnen wie Kathleen Hanna von „Bikini Kill“, Allison Wolfe von „Bratmobile“ oder Kisten Patches von „Naked Aggression“. Dieser ist auffallend vielfältig. Für einige war es freilich Rebellion, für einige einfach Spaß und viele ein Weg sich zu artikulieren.  Die Anfeindungen, die alle Musikerinnen ertragen mussten, erscheinen heute nur noch lächerlich. Auf jeden Fall demaskieren sie aber Punkrock und reduzieren es auf das, was es von Anfang an war – Pop. Das Selbstbewusstsein der Musikerinnen und die gute Musik ihrer Bands dagegen sprechen dafür, dass Popkultur ein bisschen klüger geworden ist. Gewöhnlich dagegen ist die Machart dieser Dokumentation.

Allmählich kann man Bilderreigen über kämpferische und künstlerisch begabte Frauen nicht mehr sehen, die Feminismus darauf beschränken, Frauen als bewundernswert stark hochzustilisieren oder alternativ als Opfer privater Machtverhältnisse vorzuführen. Nach Fourier galt die Emanzipation der Frau als Motor für die Emanzipation der gesamten Gesellschaft. Die zunächst nur von Männern erworbene und verwirklichte Subjektivität sollte die gesamte Menschheit umfassen, womit auch der verstümmelte Charakter dieser Subjektivität überwunden würde. Aber seitdem ist einiges geschehen. Durch die Rationalisierung der kapitalistischen Gesellschaft zerstörte sich die gerade konstituierte und zunächst auf Männer beschränkte Subjektivität von Anbeginn selbst. Als die Frauen sich endlich Zugang zur freien und gleichen Rechtsform erkämpfen konnten, war diese unter die Räder gekommen. Das ist das Dilemma des Feminismus bis heute. Komischerweise ist es auch das Dilemma des Punk Rocks. Just in dem Moment, wo ein jeder den starken, rebellischen Mann markieren konnte, war dieses Männermodell obsolet, weil es für eine weltweite Dienstleistungsgesellschaft nicht taugt. Selbstverwirklichung kann wirtschaftlich sein, Freiheit ist es nie. Bedauerlicherweise ist  Amy Odens Film ein bisschen zu sentimental um Zusammenhänge wie diese wahrzunehmen.

Joris J.