„Green Room“ von Jeremy Saulnier



Gerade zu Beginn baut „Green Room“ durch die rasante Erzählweise und das Spiel mit den Erwartungen viel Spannung auf. Dabei überzeugt vor allem die Entwicklung der Hauptdarsteller – niemand wird hier zum Helden oder zur Heldin stilisiert – man nimmt den vier jungen Punk-Musikern, aber gerade auch Imogen Poots, als weißblonde Nazi-White-Trash-Prinzessin Amber, die eigentlich nur zur falschen Zeit am falschen Ort war und mit ansehen musste, wie ihre beste Freundin ermordet wurde, die totale Überforderung mit der Situation komplett ab.
Die Kamera bleibt ihren Figuren nah, offenbart schonungslos deren Stress, konstruiert aber auch sehr geschickt das klaustrophobische Bild eines labyrinthischen Inneren, das in der zweiten Hälfte des Films wiederum kathartischen Waldaufnahmen kontrastieren. In ihrem Verlauf entwickelt sich die Geschichte so zu einem brutalen Belagerungsthriller, bei dem die Beteiligten, wie in einem perfiden Exitgame sich Level um Level nach draußen arbeiten müssen, während immer härtere Gegner warten. Dabei fließt jede Menge Blut, wenn zum Beispiel die eine oder andere Bauchdecke aufreißt, ehe der Endgegner lauert.

Leider wirken die panischen Dialoge der gefangenen Geiselnehmer, die der Handlung vermutlich so etwas wie Tiefgang geben und die Figuren aus ihren doch sehr stereotypen Zuschreibungen befreien sollen, ein wenig bemüht und ziehen den Film künstlich in die Länge. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Publikum immer ein bisschen mehr weiß, als alle Beteiligten und sowohl in das pragmatisch-brutale Taktieren der Nazis auf der einen, als auch die hektisch-unüberlegten Schritte der jungen Punks auf der anderen Seite mit einbezogen wird.

Darcy Banker (Patrick Stewart) ist der brutale Anführer einer Nazi-Gang. Foto: Universum Film

Darcy Banker (Patrick Stewart) ist der brutale Anführer einer Nazi-Gang. Foto: Universum Film

Ein paar abgerissene Gliedmaßen und zerfetzte Magengruben, machen zwar noch keinen Gore, aber der rasante Einstieg, das ehrliche Spiel der Hauptdarsteller sowie die unerwarteten Wendungen machen „Green Room“ für Fans des Genre auf jeden Fall zu einem unterhaltsamen und soliden Horror-Thriller, der so einiges hält, was er verspricht und zum Schluss aber noch die ein oder andere kleine Überraschung bereit hält.

Kurzweilig, schön gefilmt und stellenweise auch einigermaßen lustig ohne albern zu werden, bleibt „Green Room“ jedoch an der Oberfläche, politischen Tiefgang sucht leider umsonst. Schade eigentlich, da die Handlung des Films sich in Zeiten erstarkender rechter Polemiken und gerade auch rassistisch motivierter Gewalt in den USA einer gewissen gesellschaftspolitischen Aktualität erfreut.

Tatiana Braun

Green Room„, Regie: Jeremy Saulnier, HauptdarstellerInnen: Mark Webber, Anton Yelchin, Alia Shawkat, Imogen Poots, Patrick Stewart; Kinostart: 2. Juni 2016

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