„Hardkor Disko“ von Krzysztof Skonieczny



Um den Film zu strukturieren, verwendet Skonieczny Texttafeln, auf denen in krakeliger Kinderschrift der jeweils nächste Abschnitt benannt wird: „Vatertag“, „Muttertag“, „Kindertag“. Auch die Kameraarbeit an sich ist vielfältig, ohne ins Willkürliche abzugleiten. Auf Partys nimmt sie die Zuschauer mit ins Gewühle; bei Fahrten aufs Land fängt sie die Weite der Landschaft in großen, streng symmetrischen Bildern ein. Dass „Hardkor Disko“ dabei Filme anderer Regisseure zitiert, ist nicht zu übersehen. Vor allem Lars von Trier und Jim Jarmusch sind hier zu nennen.

Das Wichtigste an dem Film sind jedoch die Schauspieler. Skonieczny erzählt, dass er erst anfing, das Drehbuch zu schreiben, als er den Cast vollständig hatte. „Wäre nur ein Schauspieler abgesprungen, hätte ich den Film nicht gemacht.“ Was in dieser Konsequenz ein unglaubliches Wagnis ist, zahlt sich aus. Agnieszka Wosińska und Janusz Chabior spielen das versnobte Elternpaar mit wunderbarer Selbstverständlichkeit. Jaśmina Polak ist als quecksilbrige Olga zugleich eine wahre Granate im Cast dieser Low-Budget-Produktion und ein wunderbares Gegengewicht zu Marcin Kowalczyk, der den wortkargen Marcin äußerst facettenreich gibt. Die Bedrohlichkeit dieses Helden bringt er ebenso subtil auf die Leinwand wie kurze Momente der Zuneigung und Zärtlichkeit. Und das, obwohl ihm kaum Worte zur Verfügung stehen.

Folgerichtig sind sowohl die Hauptdarsteller als auch der Film selbst beim Debütfilmfestival in Koszalin ausgezeichnet worden. Krzysztof Skonieczny zeigt mit „Hardkor Disko„, wie unnachgiebig und kompromisslos er Filme zu machen versteht. Er hat damit – trotz allen Zweiflern an seinem Projekt – einen veritablen Pflock eingeschlagen.

Mathias Puddig

Hardkor Disko“ Regie: Krzysztof Skonieczny, DarstellerInnen: Janusz Chabior, Krzysztof Skonieczny, Marcin Kowalczyk, Jaśmina Polak, Agnieszka Wosińska

Die Filmkritik von Mathias Puddig entstand im 2. deutsch-polnischen Programm „Über Filme schreiben ist über die Welt schreiben“ für junge Journalisten und Filmkritiker.

Weitere Beiträge:
– Die Kritik „Nicht anfassen, sonst geht die Welt unter“ von Nadine Schrader zu „Kleine Dellen“ von Aleksandra Gowin und Ireneusz Grzyb
– Die Review „Wie ein Wunder“ von Natalie Junghof zu „In meinem Kopf ein Universum“ von Maciej Pieprzyca
– Die Kritik „Wir sind da – polnische Juden in Polen“ von Itamar Gov zu „We Are Here“ von Francine Zuckerman
– Die Review „Ohne Kompromisse“ von Mathias Puddig zu „Hardkor Disko“ von Krzysztof Skonieczny
– Die Filmkritik „Le Corbusier lässt grüßen zu „Superjednostka“ von Tereza Czepiec
– Die Doppelkritik „Realität und Fiktion“ von Lena Hauschild zu „Warschau 44“ & „Warschauer Aufstand“ von Regisseru Jan Komasa, der das Thema in einem Spiel- und einem Dokumentarfilm verarbeitete
– Die Kritik „Kampf um Anerkennung und Liebe“ von Katharina Retzlaff zu „Domino Effekt“ von Elwira Niewiera & Piotr Rosołowski

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