„Her“ von Spike Jonze



Theodore Twombly (Joaquin Phoenix) ist einer von ihnen, ein sensibler und fragiler Mittdreißiger mit poetisch-melancholischer Seite, Schnauzer und großen sanften Augen hinter einer schwarz umrandeten Brille. Als eine Art zeitgenössischer Cyrano de Bergerac verdient er sich seinen Lebensunterhalt in einer Agentur, die auf das einfühlsame und persönliche Beantworten von Briefen spezialisiert ist. Tippen muss hier übrigens niemand mehr. Sprachsteuerung ist das Zauberwort. Dialog zwischen Mensch und Maschine, so ausgereift, dass einige künstlich intelligente und lernfähige OS (operating systems) mit ausgereiftem Bewusstsein, nahezu täuschend echt die zwischenmenschliche Kommunikation imitieren, in emotionale Bereiche vordringen und scheinbar in Beziehung treten. Als sich zwischen Theodore und seinem persönlich erworbenen OS „Samantha“ (Stimme von Scarlett Johansson) eine intime Beziehung anbahnt, herrscht zunächst Verwirrung auf beiden Seiten. Doch Amy (Amy Adams), Ex-Lover und Allzeitvertraute Theodores, hat darauf nur eine Antwort: „Sind nicht alle, die sich verlieben, Freaks?
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Spike Jonzes („Beeing John Malcovich„, „Where The Wild Things Are„) melancholische Beziehungsapokalypse gibt sich leichtfüßig und im wahrsten Sinne des Wortes rosarot. Doch hinter der bonbonfarbenen Fassade eines vorgetäuschten beseelten Glücks lauert eine sehnsüchtige Schwermut, jenes Gefühl, das sicher Generation Skype besonders gut kennt, jene Menschen, deren Partner immer da, doch nie oder zu selten körperlich anwesend sind. In einem unerschöpflichen Bilderreigen der Einsamkeit, gespickt mit unzähligen Seitenhieben auf die heutige Netzkultur inszeniert Jonze seine Protagonisten, die um ihr persönliches Glück ringen – beeindruckend unaufdringlich und zerbrechlich von Phoenix und Adams gespielt. „Das Leben ist zu kurz. Ich will mir das Glück erlauben.“ erklärt Amy wie zur Bestätigung im Film.

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Jonzes Film, für den der Regisseur und erstmals allein verantwortliche Drehbuchautor in diesem Jahr einen Golden Globe und einen Oscar gewann, ist nicht nur die Überspitzung eines gegenwärtigen Status Quo, sondern auch ein großartiges Beispiel für einen phantastisch absurd-romantischen Liebesfilm.

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Her“ von Spike Jonze, Darsteller: Joaquin Phoenix, Amy Adams, Scarlett Johansson, Rooney Mara, Olivia Wilde, Kinostart: 27. März 2014

Hier einige Eindrücke vom Film…

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