„Königin von Niendorf“ von Joya Thome



In sommerlich-warmen Farben leuchtet die Brandenburger Landschaft und weckt bei den erwachsenen ZuschauerInnen wehmütige Erinnerungen an die eigene Kindheit, als die Sommerferien endlos schienen und jeder Tag neue Abenteuer versprach. Es ist ein nostalgisch-verklärtes Bild einer Kindheit, das hier gezeichnet wird. Statt stundenlang in ihren Zimmern vor Spielkonsolen zu hocken, spielen die Kinder noch den ganzen Tag draußen in der Natur. Dort trifft sich die Bande im Baumhaus, spielt Verstecken im Maisfeld, baut einen riesigen Hahn aus Strohballen, fährt auf einem Floß durch den See oder zieht durchs Dorf, um die Geheimnisse der kuriosen Dorfbewohner auszukundschaften. „Königin von Niendorf“ ist eine einfühlsam und ruhig inszenierte Geschichte von einem starken Mädchen, von wahrer Freundschaft und einem trotz ernster Momente doch wild-idyllischen Kindheitssommer auf dem Land.

Zum Hauptschauplatz ihres Films wählte Joya Thome, die 1990 geborene Tochter des Filmemachers Rudolf Thome, den Hof ihres Vaters im brandenburgischen Niendorf (Ihlow) im Landkreis Teltow/Fläming, auf dem sie selbst als Kind die Sommerferien verbrachte. Thome und Philipp Wunderlich schrieben Lisa Moell das Drehbuch auf den Leib und gekonnt meistert die Berlinerin die Herausforderung, die ernsthafte und reife und trotz ihrer Introvertiertheit mutige und selbstbewusste kleine Heldin Lea darzustellen. Für die 2005 geborene Jungdarstellerin ist es die zweite Filmrolle nach ihrem Auftritt im Kurzfilm „Berlin Metanoia“ (2016). Daneben spielte sie bereits Kindertheater unter der Regie von Mex Schlüpfer, an dessen Seite Moell zeigt, was sie kann. Die anderen Kinderdarsteller stammen aus dem Gemeindeverbund Dahme/Mark, zu dem auch Niendorf gehört, und wurden in den ortsansässigen Grundschulen gecastet. Da die Kinder in vielen Szenen improvisieren durften, wirken sie besonders authentisch.

Die ausgewählte Musik, u.a. von Tocotronic („Verschwör dich gegen dich„), Nada Surf („Blonde on blonde„) und Sophie Hunger („Le vent nous portera„), passt sehr gut zur leicht melancholischen Grundstimmung des im Format 4:3 gedrehten 67-Minüters. Auch der Schauspieler und Musiker Mex Schlüpfer, der an der Volksbühne unter Frank Castorf spielt, steuerte einen Song zum Film bei. Finanziert wurde das Filmprojekt über eine Crowdfunding-Aktion.

Joya Thomes Kurzfilm „Geschwister“ (2011) lief auf über 30 Filmfestivals weltweit und wurde von Shortcutz Berlin als bester Kurzfilm des Monats April 2012 ausgezeichnet, während es ihr Kurzfilm „Love, Yesterday“ (2014) in den Wettbewerb des 48. Filmfestivals Hof schaffte. Nun legt sie mit „Königin von Niendorf“ einen bezaubernden, berührenden und warmherzigen Film vor, der das Potenzial mitbringt, viele Kinder und Erwachsene in den Kinosälen zu begeistern.
Königin von Niendorf“ feierte seine Premiere im Spielfilm-Wettbewerb des 38. Filmfestivals Max-Ophüls-Preis. Bei der 13. Ausgabe des Festivals Achtung Berlin 2017 gewann „Königin von Niendorf“ den new berlin film award in der Kategorie „Bester mittellanger Film“. Joya Thome und ihr Co-Drehbuchautor Philipp Wunderlich erhielten außerdem eine lobende Erwähnung in der Kategorie „Bestes Drehbuch“.

Stefanie Borowsky

Königin von Niendorf„; Regie: Joya Thome; DarstellerInnen: Lisa Moell, Mex Schlüpfer, Denny Moritz Sonnenschein, Salim Fazzani, Elias Sebastian, Ivo Tristan Michligk, Moritz Riek, Frederik Schindler, Til Schindler, Tino Mewes, Marion A. Becker; Kinostart: 15. Februar 2018

 

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