„Mein Ein, Mein Alles“ von Maïwenn



Die Zuschauer sehen Tony dabei zu, wie sie immer wieder zielgenau ihrem Elend in die Arme rennt und wiederholt für flüchtige Glücksmomente bleibendes emotionales Leid in Kauf nimmt. Das fühlt sich so an wie ein Gespräch mit diesem einen beratungsresistenten Freund oder Bekannten, den jeder schon einmal hatte. Mit demjenigen, der sich monatelang immer wieder in denselben Problemen suhlt und sich immer wieder über sie beklagt und sie immer wieder nicht zu lösen versucht.
Eine unglückliche Liebe ist als Filmthema so alt wie das Medium selbst. „Mein Ein, Mein Alles“ findet leider keine neue Herangehensweise an die Thematik. Dem rund zweieinhalbstündigen Film hätte eine Komprimierung der Handlung gut getan, da die Aussage der Bilder immer dieselbe bleibt: Tony kämpft, Tony leidet. Als Zuschauer muss man dieses filmische Thema definitiv mögen, um sich dem an einem geduldigen Tag zu widmen.

Wer diese Voraussetzungen erfüllt, kann den typischen Charme französischer Filme eingebettet in einem eingängigen Soundtrack auf sich rieseln lassen. Man muss dem Film in jedem Fall zugute halten, dass dieses Gefühl der Anstrengung und der strapazierten Nerven in erster Linie den brillierenden Schauspielern zu verdanken ist. Da ist Vincent Cassel auf der einen Seite, der als widerwärtiger Kerl jener Sorte glänzt, von der man jeder Freundin nachdrücklich abraten würde. Auf der anderen Seite zieht Emanuelle Bercot den Zuschauer beeindruckend intensiv in Tonys emotionale Abwärtsspirale hinein und macht ihr Leid nachspürbar.

Cindy Böhme

Mein Ein, Mein Alles„, Regie: Maïwenn, DarstellerInnen: Emanuelle Bercot, Vincent Cassel, Louis Garrel u.a. Kinostart: 24. März 2016

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