„Museum Hours“ von Jem Cohen


"Museum Hours" gibt dem Museum Platz auf der großer Leinwand, was mutig und überraschend spannend ist.

"Museum Hours" gibt dem Museum Platz auf der großer Leinwand, was mutig und überraschend spannend ist. Foto: Little Magnet Films

Die Kunst und das Leben

Johann (Robert „Bobby“ Sommer) arbeitet seit sechs Jahren als Museumwärter im Kunsthistorischen Museum Wien. Und das, obwohl er als junger Mann Musikbands managte und viel auf Tour und unter Leuten war. „Ich kannte jedes verrauchte Kellerloch zwischen Sheffield, Hamburg und Wien.“ Sein jetziger Job ist dagegen deutlich ruhiger und vermeintlich langweilig. „Ich hatte meine lauten Zeiten, jetzt habe ich eben meine ruhigen“, bringt Johann es ganz nüchtern auf den Punkt. Doch er liebt seine Arbeit, besonders der Bruegel-Raum fasziniert ihn. Er kennt jedes Bild und bemerkt doch täglich neue, überraschende Details. „Erst vor kurzem ist mir aufgefallen, dass da eine Figur einen Hut trägt, aus dem eine Bratpfanne hervorragt. […] Und da fing ich an, über Eier nachzudenken.“

Anne (Mary Margaret O’Hara) reist aus dem kanadischen Montreal ins ihr völlig fremde Wien. Ihre Cousine liegt im Koma und hilflos sitzt die Kanadierin bei ihr am Krankenhausbett. Dazwischen treibt sie orientierungslos durch die österreichische Hauptstadt. Bis sie im Kunsthistorischen Museum auf Johann trifft. „Woher kommt es, dass einen manche Menschen neugierig machen, während es einem bei anderen völlig egal ist, ob man je irgendetwas über sie erfährt oder nicht?“ fragt dieser sich still, nachdem er Anne bemerkt, wie sie durch die Galerien streift, „was ja eigentlich nichts besonderes ist“. Behutsam knüpfen die beiden Fremden Kontakt. Der Museumswärter wird Annes Begleiter während ihrer begrenzten Zeit in Wien. Er zeigt ihr das Museum und seine Stadt, erzählt von seinem Leben und hört ihren Geschichten zu.

Museum Hours“ unterlegt Johanns Erzählungen und Annes zielloses Treiben durch die Stadt mit Werken aus dem Kunsthistorischen Museum. Diese Gegenüberstellung von Kunst und Leben ist wundervoll zu beobachten und regt zum Nachdenken an. Ganze zehn Minuten verharrt der Film bei einer Museumsführung, in der die Kunsthistorikerin mit den Gästen über die Gemälde von Bruegel diskutiert. Darüber, wie schwierig es ist, eine zentrale Figur in seinen Bilder zu bestimmen. Regisseur Jem Cohen, dessen Filme in den Sammlungen des Museum of Modern Art und des Whitney Museum in New York vertreten sind, hat wie seine Hauptfigur Johann eine besondere Beziehung zum Bruegel-Raum des Kunsthistorischen Museums. Dieser zeigt mit zwölf Tafelbildern den weltweit größten Bestand an Gemälden dieses bedeutenden niederländischen Malers des 16. Jahrhunderts. Hier bemerkte Cohen eine Verbindung zu seinen dokumentarischen Straßenaufnahmen. Die wechselnden Rollen von Vordergrund und Hintergrund, das freie Verknüpfen und Sich-wieder-lösen von allen Elementen fasziniert ihn. Davon ausgehend entwickelt Cohen die Idee zu seinem Film.

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