„Okja“ von Joon-ho Bong


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Alles sieht Schwein!

Kaum ein Beitrag am diesjährigen Filmfestival in Cannes hat solche Kontroversen ausgelöst wie der neue Film des südkoreanischen Star-Regisseurs Bong Joon-ho. Bereits sein Vorgängerfilm „Snowpiercer“ löste einen Skandal aus, da sich der Regisseur offenbar mit seinen Hauptproduzenten, der US-amerikanischen Weinstein Company, um die Integrität seiner künstlerischen Vision stritt. Wie Bong nach diesen Erfahrungen auf die Idee kommen konnte, für „Okja“ mit dem Internetsender Netflix zusammenzuarbeiten, der mit Sicherheit eine noch restriktivere Vorstellung eines marktgängigen Films hat als die Weinstein-Brüder, bleibt schwer verständlich. Demgegenüber spielt die Auswertungsproblematik ohne klassischen Kinostart, die für die meisten Stein des Anstosses war, eine untergeordnete Rolle.

Fast einstimmig positiv nahm die Kritik den Film auf, der als Mischung aus Liebesgeschichte, Spannungsfilm und politische Parabel beschrieben wird. Die Geschichte birgt tatsächlich Elemente aller Gattungen. Das 14-jährige Mädchen Mija lebt in Südkorea im Gebirge mit ihrem Großvater ein einfaches Bauernleben. Vor zehn Jahren wurden die beiden, genauso wie 25 andere Bauern, vom US-amerikanischen Lebensmittelkonzern Mirando ausgewählt, ein Superschwein aufzuziehen, das, was offiziell nicht zugegeben wird, genmanipuliert, ist. Okja heißt das weibliche Schwein von der Größe – und des Aussehens – eines Nilpferdes. Mija und die glückliche Okja verbindet eine innige Freundschaft. Als Okja zur Superschwein-Schau nach New York überführt werden soll, wehrt sich Mija mit Hilfe einer Tieraktivistengruppe, die vorgibt, das Schwein entführen zu wollen.

Doch die Motive der Gruppe sind andere, so dass sie Okja, ausgestattet mit einer Videokamera, wieder dem Konzern in die Hände des Konzern spielen. Da die Bilder der verzweifelten und kämpferischen Mija um die Welt gehen, bangt Lucy Mirando (Tilda Swinton), Chefin des Unternehmens, um das bereits angeknackste Renommee und möchte das Mädchen zum neuen Werbegesicht machen. So reist also Mija nach New York in der Hoffnung, ihre geliebte Okja wiedersehen zu können.

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