„Schwarzer Ozean“ von Marion Hänsel
Atomare Mission
„Wie war es für dich?“, fragt Massina seinen Schiffskollegen Moriaty mit unsicherer Stimme. „Wir haben Befehle befolgt“, antwortet dieser bestürzt. Ein paar Stunden zuvor haben sie im Rahmen einer Übung vom Schiff aus eine atomare Explosion im Ozean beobachtet. Kaum einer der jungen Rekruten scheint sich der Gefahr bewusst, der sie während ihres Wehrdienstes auf einem französischen Marineschiff 1972 im Südpazifik ausgesetzt sind. Über die Atomversuche wurden die Marinesoldaten nicht informiert. Dreißig Jahre lang diente das unbewohnte Mururoa-Atoll Frankreich als Kernwaffentestgelände. Details darüber wurden in dieser Zeit geheimgehalten und erst vor ein paar Jahren veröffentlicht.
Die belgische Filmemacherin Marion Hänsel („Als der Wind den Sand berührte„, 2006) adaptierte für das Drehbuch zu „Schwarzer Ozean“ autobiografisch inspirierte Erzählungen von Hubert Mignarelli, der sich als junger Mann selbst freiwillig zur französischen Marine auf dem Atoll verpflichtet hatte. Hänsel konzentriert sich in ihrem Film ganz auf die Situation der jugendlichen Wehrdienstleistenden. In ihrem Fokus stehen der naive Massina und der introvertierte Moriaty, die beide auf ihre Art mit der atomaren Explosion umgehen. Während ein Großteil der Rekruten in den üblichen Trott zurückkehrt – auf dem Deck miteinander rauft oder Fotos beim Strandausflug für die Eltern schießt – beginnt Moriaty, seine Überzeugungen und auch die Freundschaft zu Massina zu hinterfragen. In klaren Bildern zeigt Hänsel den Alltag auf dem Schiff, der zunächst von Eintönigkeit und Einsamkeit geprägt ist und im Verlauf des Filmes zunehmend von dumpfer Gewalt bestimmt wird. Hänsels Film spielt in den siebziger Jahren – und wirft angesichts der zahlreichen im Irak und in Afghanistan stationierten jungen Soldaten auch Schlaglichter auf das Hier und Jetzt.
Eileen Reukauf (Mit freundlicher Genehmigung vom Leipziger Stadtmagazin Kreuzer)
„Schwarzer Ozean„ Regie: Marion Hänsel; Darsteller: Nicolas Robin, Adrien Jolivet, Romain David, Kinostart: 07. Juni 2012.