„System Error“ von Florian Opitz

Florian Opitz kommentiert die Aussagen der kapitalistischen Elite, die mantrisch das Wachstumsdogma propagieren, mit Zitaten von Karl Marx. Es scheint so, als würde Marx mit Vielem Recht behalten. Trotzdem wirkt das ständige auf Marx verweisen etwas aufgesetzt. Zum Glück ironisiert Opitz es ein wenig, wenn das letzte Zitat Marx‘ Autorität relativiert und Opitz frei nach Marx seine eigene Meinung äußert.

Der Film argumentiert klar dafür, dass der Kapitalismus sich selbst zerstören wird. Die von Politik und Wirtschaft propagierte Alternativlosigkeit zu Wachstum als Garantie für Wohlstand wird als systemimmanenter Fehler gekennzeichnet.

Gestalterisch spannend ist die Darstellung einfacher Arbeiten, die am Rande gezeigt werden: beispielsweise das Fensterputzen im Büro von Anthony Scaramucci in einem Wolkenkratzer. Opitz bildet die Opposition von Bourgeoise und Arbeitern subtil ab. Außerdem tut sich die Frage auf, welche Form von Arbeit wird es in Zukunft noch geben?

Opitz stellt zudem den Akt des Filmemachens immer wieder aus. Schnitte kommen manchmal ungewöhnlich spät. Kurz verweilt er in der Situation zwischen der letzten Frage und dem vielen Dank aus dem Off. Er inszeniert das Gesprächsklima, wenn Scaramucci selbstverliebt kokettiert und die Filmemacher zwischen Tür und Angel als schlecht angezogen bescherzt.

Die kommentierenden Luft- und Welttraumaufnahmen zeigen die Welt in ihrer unermesslichen Schönheit und geben gleichzeitig den Blick von außen. Einen Blick auf eine endliche Welt. In hegelischer Tradition trägt den Film die Struktur von These und Antithese. Die Antithesen zum neoliberalen Wachstumsdogma formuliert der britische Wissenschaftler Tim Jackson, dessen spannende Analysen den Film bereichern, und dessen Schlusswort den Zuschauern Optimismus mit auf den Weg gibt. Es geht weiter nach dem Ende des Kapitalismus. Zeitdiagnose und Systemkritik gelingen „System Error„, leider lassen sich Lösungsansätze und neue Utopien ganz vermissen.

Karl-Leontin Beger

„System Error„; Regie & Buch: Florian Opitz mit Tim Jackson, Argino Bedin, Andreas Gruber, Haim Bodek und Anthony Scaramucci; Kinostart: 10. Mai 2018