„The Guest“ („Der Gast“) von Adam Wingard



The Guest“ ist weniger komplex als „You’re Next“ und vorhersehbarer, gleichzeitig aber weniger brutal. Das Unheilvolle ist in den ersten zwei Dritteln des Films nur latent präsent, der Zuschauer spürt am starren Blick Davids (Dan Stevens), den er annimmt, wenn er alleine ist, dass noch etwas Schlimmes passieren wird. Der Familie gegenüber gibt sich der Gast aber so charmant und hilfsbereit, dass man annehmen kann, er habe eine Zuneigung zu ihr gefasst. Es wird aber klar, dass er dazu gar nicht fähig ist. Seine Zeit in der Armee hat David in eine Art Maschine verwandelt, eine unverwundbare Kampfmaschine. Er ist als Gegencharakter zu den einzelnen Familienmitgliedern gezeichnet, die durch ihre Gefühle von Trauer, Wut oder Angst beherrscht sind.

In "The Guest" entspringt alles einem missverstandenen Helferinstinkt und purem Wahnsinn. (c) Splendid Film

In „The Guest“ entspringt alles einem missverstandenen Helferinstinkt und purem Wahnsinn. (c) Splendid Film

Daraus ergibt sich, dass David in der Geschichte ein Motiv für sein Töten abgeht. Er ist schlichtweg wahnsinnig, wobei er nicht einmal eine verrückte Lust am Morden zu verspüren scheint. Es wirkt so, als folge sein Handeln einem unaufhaltsamen mechanischen Prozess, der auf den entscheidenden Auslöser gewartet hat. Während der erste Teil des Films einigermaßen subtil aufgebaut ist, kann sich der Zuschauer im zweiten Teil entspannt zurücklehnen und sich vom dichten Getöse der Schusswaffen wiegen lassen. Gesprochen wird nicht viel, auch geschrien nicht, da David seinen Opfern meist mit professioneller Effizienz begegnet.

Wie schon in „You’re Next“ führt Wingard ein Motiv ein, das mit der gängigen Horrorfilmtradition bricht, nämlich dass es schließlich eine Frau ist, die unerwartete Kräfte mobilisiert und sich dem Psychopathen mutig entgegen stellt.

Dan Stevens als David wirkt in seiner Rolle erstmals richtig charismatisch. Der Tausch vom sensiblen Intellektuellen aus „Downton Abbey“ zum coolen, selbstsicheren Draufgänger tut ihm gut. Regisseur Adam Wingard hat eine Vorliebe für die Verwendung satter Farben und spartanisch ausgeleuchtete Orte wie Bars, nächtliche Partys oder vom Fernseher bestrahlte Wohnzimmer. Besonders und romantisch wirkt seine Halloween-Kulisse mit verspiegelten Wänden, grausligen Bemalungen und suggestiver Musik in der Sporthalle der Schule, die als letzter Schauplatz des Films fungiert.

Teresa Vena

The Guest„, Regie: Adam Wingard, DarstellerInnen: Dan Stevens, Maika Monroe, Leland Orser, Sheila Kelley, Brendan Meyer, Lance Reddick

Berlin-Premiere bei den Fantasy Filmfest Nights 2015, am 22. März um 22 Uhr im Cinestar!

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