„The Homesman“ von Tommy Lee Jones


Regisseur Tommy Lee Jones übernimmt in seinem "The Homesman" die Rolle des desillussionierten Gauners George Briggs. Foto: Filmfest München

Regisseur Tommy Lee Jones übernimmt in seinem „The Homesman“ die Rolle des desillussionierten Gauners George Briggs. Foto: Filmfest München

Jones übernimmt in „The Homesman“ zum zweiten Mal nach „Three Burials“ die Regie-Arbeit. Ihm gelingt ein kluger Spät-Western, der in vielen klassischen Motiven das Genre zitiert und ehrt, verzichtet aber in seinen äußerst differenzierten Charakteren auf schwarz- und noch vielmehr auf weiß-Zeichnerei. Jones‘ Figuren sind alles andere als strahlende Helden oder meuchelnde Bösewichte, sie sind Individuen mit einer Geschichte, die in dieser rauen Welt (über-)leben müssen.

Vorne weg der von ihm selbst gespielte, ruchlose und wortkarge Gauners Briggs, der nur sich selbst verpflichtet den Weg des geringen Widerstands wählt. Dass der Regisseur Jones, seinem Hauptdarsteller Jones einige alkoholbenebelte Momente des puren Glücks gönnt, die der für einige Feixtänze nutzt, soll nicht über die harte Realität hinweg täuschen. Die tiefen Furchen seines zerknauschten Gesichts berichten vom Leben in einem wilden noch nicht zivilisierten Land.

Dass gerade die geschundenen Frauen, die von den groben Männern verprügelt und vergewaltigt werden, den Verstand verlieren, wundert keinen, der mit Regisseur Jones hinter die staubigen Häuser-Fassaden der Paare geblickt hat. Ihnen entgegen setzt Jones mit Mary Bee Cuddy seine zweite Hauptfigur, die die wunderbar kernige Hillary Swank spielt. Statt wie ihre Schwester im gesitteten Osten zu bleiben, sucht ihre Farmerin Cuddy das Glück und die große Liebe im Westen. Doch ihre Bildung, ihr Selbstbewusstsein und ihre Tatkraft schrecken Männer ab, deren Horizont nur vom Acker bis zum Saloon reicht. So führt Cuddy ein Leben, das sie nicht erfüllt und in dieser Epoche zum Scheitern verurteilt ist.

Jones inszeniert Cuddy als moderne Frau, die ihrer Gesellschaft weit voraus ist. Eine Frau, der aber eines fehlt, um in eben jener Gesellschaft glücklich sein zu können: Ein Mann, der das ehrenwerte Dasein begründet. Aus heutiger Perspektive bemitleidenswert und rückständig, wird Swanks Cuddy zum Opfer ihrer Zeit. Eine Heldin, die zum Scheitern verurteilt ist, die ebenso wie der von Jones gespielte Briggs nicht mehr aus seinen staubigen Kleidern kann – selbst wenn er sich einen noch so schicken Anzug überstreift.

Denis Demmerle

The Homesman„, Regie: Tommy Lee Jones, DarstellerInnen: Tommy Lee Jones, Hilary Swank, Hailee Steinfeld, Meryl Streep, Grace Gummer, John Lithgow, Miranda Otto, Sonja Richter, James Spader; Kinostart am 11. Dezember 2014

1 2