„Tigermilch“ von Ute Wieland
„Tigermilch“ erzählt von besten Freundinnen, ganz klassisch mit einstudiertem Handschlag, Geheimsprache und ausgeklügeltem Plan für das erste Mal, das Nini Entjungferung und Jammelah Defloration nennt. Aber was nach stereotypem Teenagerdrama in Berlin klingen mag, entpuppt sich als ein überspitzter Blick auf das Aufwachsen in prekären Situationen. Der Umgang miteinander ist meist harsch, die Sprache verroht, die Hilflosigkeit allgegenwärtig. Gewalt und Machtkämpfe bedingen den Alltag in der Siedlung. Raushalten sollen die Mädchen sich und geraten doch immer tiefer hinein.
Die Regisseurin Ute Wieland hat sich dem Genre des Teeniefilms bereits mehrfach aus der weiblichen Perspektive genähert. „Tigermilch„, der auf dem gleichnamigen Erfolgsroman von Stefanie de Velasco beruht, gesellt sich zu Filmen wie „FC Venus“ aus dem Jahr 2006 und den beiden Teilen der „Freche Mädchen“ Verfilmungen. Und doch hat er mit ihren Vorgängern kaum etwas gemein. „Tigermich„, der seine Premiere vor wenigen Wochen beim Filmfest in München feierte, lässt sich nur schwer einem Genre zuordnen. Die Themen sind so vielfältig, dass sie oftmals nur angerissen und nicht ausreichend beleuchtet werden. Figurenkonstellationen bleiben unklar, Erzählstränge werden nicht zu Ende gebracht. Die Schilderung von Gewalt ist zwischenzeitig drastischer als es, in Anbetracht der Zielgruppe, nötig wäre.
Was den Film am Ende ausmacht, sind die beiden Hauptdarstellerinnen, die so verletzlich wie aufmüpfig daherkommen.
Wenn die Mädchen zu Beginn des Films über den Wittenbergplatz rennen, die Hände ineinander verschränkt und die Stimmen beim Lachen so hoch wie es nur Teenager können, dann spürt man eine Energie, die im Laufe des Films leider viel zu selten aufblitzt.
Emily Grunert
„Tigermilch„, Regie: Ute Wieland, DarstellerInnen: Flora Li Thiemann, Emily Kusche, Eva Löbau, David Ali Rashed, u.a., Kinostart: 17.August 2017