WAR AND JUSTICE von Marcus Vetter und Michele Gentile


WAR AND JUSTICE © Der Filmverleih GmbH
WAR AND JUSTICE © Der Filmverleih GmbH

The biggest war crime of all is war itself

Es gibt zwei Arten von Krieg: Internationale Konflikte, wie der Krieg in der Ukraine oder der Irakkrieg 2003, und nationale Konflikte, wie in Libyen, Darfur oder der Ituri-Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo. Doch egal, welche Form des Krieges stattfindet, er sorgt immer für unsägliche Grausamkeiten und Zerstörung. Wie ist das zu verhindern? Was kann man dem entgegensetzen? Gibt es eine Alternative zum Krieg?

WAR AND JUSTICE ist der erste Teil der palästinensich-israelischen TRILOGIE DER HOFFNUNG, die den Opfern des 7. Oktober gewidmet ist und sich mit Menschen beschäftigt, die sich bemühen, den Teufelskreis der Gewalt zu durchbrechen.

Den Rahmen dieses ersten Teils der Trilogie bildet die 20jährige Jubiläumsfeier des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) in Nürnberg 2023 in Gerichtssaal 600, dem Saal, in dem die Nürnberger Prozesse stattfanden. Luis Moreno Ocampo war der erste Chefankläger des IStGH. Er ist dazu eingeladen, eine Rede bei den Feierlichkeiten zu halten und resoniert in der Vorbereitung darauf über seine Zeit beim IStGH.

Bei den Nürnberger Prozessen kamen zum ersten Mal in der Geschichte Kriegsverbrecher vor ein internationales Gericht. Rund 50 Jahre später, 1998, suchten 120 Staaten in Rom eine Alternative zu Kriegen als Antwort auf Kriegsverbrechen. Die Lösung lautete: juristische Aufarbeitung. Sie erließen dazu ein Dekret, die Römischen Statuten, und schufen den IStGH (englisch ICC, International Criminal Court), einen ständigen, unabhängigen und internationalen Strafgerichtshof, als ausführendes Organ dieses Dekrets. Seit seiner Gründung 2002 ist also der Internationale Strafgerichtshof, quasi als Nachfolger der Nürnberger Prozesse, dazu berechtigt, Kriegsverbrechen zu ahnden. So werden Staatschefs auf der ganzen Welt zu höheren moralischen Standards gezwungen, da ihnen sonst eine Anklage droht.

Thomas Lubanga, der in der der Demokratischen Republik Kongo Kindersoldaten rekrutiert hatte, war der erste Angeklagte in Den Haag, dem Sitz des IStGH. Es folgten Präsident Bashir aus Darfur, Präsident Gbagbo von der Elfenbeinküste und Gaddafi in Libyen. Letzt genannter war dabei ein Sonderfall. Der Auftrag kam zum ersten Mal vom UN-Sicherheitsrat und führte zu einem Krieg. Dabei sollten Kriege doch durch den IStGH vermieden werden.

Diese Tatsache ist nicht der einzige Kritikpunkt gegen den Internationalen Strafgerichtshof. Länder wie die USA oder Russland haben die Römischen Statuten nicht unterschrieben (bzw. ihre Unterschrift zurückgezogen) und können somit nicht angeklagt werden. Wenn es um Angriffskriege geht, müssen Aggressor und angegriffener Staat die Römischen Statuten unterschrieben haben. Diese Doppelmoral führt zu viel Unverständnis.

Justiz als Waffe gegen Kriege

Luis Moreno Ocampo trägt diesen Film. Er hat eine einnehmende, starke Persönlichkeit. Seine Argumentation ist klar und deutlich und entwickelt dadurch eine enorme Kraft. Dabei ist er offen und ehrlich und gesteht die Schwächen des IStGH ein, aber niemals ohne gleichzeitig dessen Wichtigkeit zu betonen. Er kämpft dafür die Regeln zu ändern, so dass jeder und jede, der/die einen Angriffskrieg beginnt in Den Haag angeklagt werden kann, egal, ob das Land aus dem diese Person stammt, die Römischen Statuten unterschrieben hat, oder nicht.

Karim Khan, der aktuelle Chefankläger, lotet derweil die derzeitigen Möglichkeiten des IStGH aus. So hat er Putin wegen der Verschleppung von Kindern angeklagt (Die Ukraine hat 2014 zugestimmt, dass der IStGH dort ermitteln darf), nicht für den Angriffskrieg an sich.

Manche der gezeigten Bilder sind nur schwer zu ertragen. Aber sie helfen uns dabei, mit den Opfern mitzufühlen. Und das ist wichtig, um bei all den unzähligen weltweiten Konflikten nicht abzustumpfen, sondern weiter für Gerechtigkeit und Menschenrechte kämpfen zu können.

WAR AND JUSTICE ist ein wichtiger Appell an eine zivilisierte Menschlichkeit. Um Kriege zu überwinden, braucht es eine funktionierende, allübergreifende und allgemein anerkannte Justiz. Gerade in unseren Zeiten, in denen wir uns von Kriegen umzingelt sehen.

WAR AND JUSTICE; Regie: Marcus Vetter und Michele Gentile; Kinostart: 06.Juni.2024