„Workers“ von José Luis Valle
Erzählerische Ruhe
Bereits in dem Dokumentarfilm „Milagro del Papa“ (2009) hat sich José Luis Valle mit der mexikanischen Gesellschaft beschäftigt. In seinem Spielfilmdebüt „Workers“ verharrt sein Blick ganz auf dem monotonen Alltag zweier Arbeiter in Tijuana an der mexikanisch-amerikanischen Grenze. In zwei parallel verlaufenden Handlungssträngen, die sich lediglich zu Beginn des Films und auch am Ende traumwandlerisch begegnen, erzählt der Film von Rafael und Lidia. Die beiden waren vor langer Zeit verheiratet. Rafael arbeitet in einer Glühbirnenfabrik, Lidia im Haus einer sehr reichen Dame. Als Rafael nach 30 Jahren in seinen verdienten Ruhestand gehen möchte, erpresst ihn der Personalchef und zwingt ihn weiterzuarbeiten. Lidia erfährt nach dem Tod der alten Dame, die sie über 30 Jahre lang gepflegt hat, dass diese alles ihrem verwöhnten Hund vermacht hat und Lidia fortan für diesen arbeiten muss. Beide sinnen auf Rache.
In langen Einstellungen und mit einer geradezu starren Kamera fängt Valle sorgfältig kadrierte Bilder ein, die trotz ihrer Schönheit die Sehgewohnheiten etwas herausfordern. Der erste Tag, an dem uns Valle am Leben von Lidia und Rafael teilhaben lässt, will infach nicht zu Ende gehen. Eine gefühlte Ewigkeit verweilt die Kamera auf einem Bordelleingang. Erst Minuten später gleitet der Blick ins Innere des Gebäudes: Rafael lässt sich von einer Prostituierten tätowieren. Die erzählerische Ruhe durchbricht Valle immer wieder mit Einsprengseln subtil-skurrilen Humors. Lidia trägt die Hündin zum Wagen mit Chauffeur, der das Tier für den Sonnenuntergang ans Meer fahren soll – als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. „Workers“ ist ein absurdes wie nachdenkliches Porträt zweier einfacher Menschen, die nicht viel reden und erst nach und nach die seelischen Verletzungen zu Tage tragen.
Eileen Reukauf
Die Kritik erscheint mit freundlicher Genehmigung des Stadtmagazins Kreuzer.
„Workers„ Regie/Drehbuch: José Luis Valle, Darsteller: Jesus Padilla, Susana Salazar, Barbara Perrin Rivemar, Sergio Limon, Vera Talaia, Kinostart: 12. Dezember 2013