Interview mit LAKINO-Organisator Martin Capatinta


Festivalorganisator Martin Capatinta bei der Arbeit

In diesem Jahr findet zum ersten Mal vom 27. bis 29 August im Babylon Mitte das Lateinamerikanische Kurzfilmfestival LAKINO statt. Das Festival zeigt Filme aus und über Lateinamerika. Festivalorganisator Martin Capatinta hat uns im Vorfeld ein paar Fragen zum Debüt beantwortet und mit uns über die Kurzfilmszene in Südamerika gesprochen.

Berliner Filmfestivals: Wie kam es zu der Idee, ein Lateinamerikanisches Kurzfilmfestival in Berlin zu organisieren?
Martin Capatinta: Ich liebe Filme und ich mag die Atmosphäre eines Filmfestivals. In Berlin gibt es unglaublich viele davon, mit Filmen aus der ganzen Welt. Aber es gab bisher kein Festival, dass sich mit dem lateinamerikanischen Film auseinander setzt. Und so habe ich eins gemacht. Ich bin in Peru geboren, habe in Kolumbien, Mexiko und Argentinien gelebt. Es gibt dort so viele gute Kurzfilme, ich musste es einfach tun. Ich habe mich mit den Besitzern vom Babylon getroffen, ihnen meine Vorstellungen erläutert und sie waren begeistert von der Idee.

BF: Warum gerade ein Kurzfilmfestival?
Capatinta: Filmfestivals, auf denen Langfilme gezeigt werden, sind nicht so einfach zu organisieren. Man braucht Kuratoren und sehr viel Personal. Ich finde aber ohnehin Shortstorys spannender als abendfüllende Produktionen. Für einen Künstler bzw. Regisseur ist es nicht einfach, seine Ideen innerhalb einiger weniger Minuten glaubhaft darzustellen. Der Kurzfilm ist eine sehr kreative Form, die viele junge Filmemacher anzieht. Die meisten Regisseure fangen eh in diesem Genre an. Es ist sehr energetisch und es geht darum, wie man seine Geschichte, die man erzählt, möglichst gut komprimiert, damit sie in einer so kurzen Zeit auch funktioniert. Das ist wirklich nicht einfach.

BF: Warum aber ein Kurzfilmfestival und nicht etwa eine Filmreihe?
Capatinta: Ich bin ein Berliner und wohne hier seit sechs Jahren. Ich will hier auch gar nicht mehr weg. Ich habe so viel positive Resonanz für meine bisherige Arbeit bekommen und letztendlich brauche ich es auch, solche Projekte wie „Lakino“ zu organisieren. Vor sechs Monaten haben wir die Website Online gestellt und dort zur Filmeinreichung aufgerufen. Insgesamt haben wird 350 Kurzfilme erhalten. Das war eine ziemliche harte Arbeit, die alle zu sichten. Davon zeigen wir jetzt 51, wir haben eine Jury und vergeben Preise. Das ist alles sehr spannend für mich und wie schon gesagt, ich liebe Filmfestivals.

BF: Welche Bedeutung hat der Kurzfilm in lateinamerikanischen Ländern?
Capatinta: In vielen südamerikanischen Ländern gibt es nicht viel Geld für Kurzfilme, deshalb suchen viele Filmemacher nach alternativen Wegen. Darum gibt es eine gute Vernetzung unter den Filmschaffenden. In Brasilien entstehen beispielsweise jährlich 2000 Kurzfilme, in Argentinien wird das Kino direkt vom Kulturministerium unterstützt. In Peru, Kolumbien, Bolivien und Venezuela dagegen gibt es fast keine Unterstützung seitens der Regierung. Dort gibt es keine Finanzierungsmodelle wie in Brasilien. Trotzdem machen viele Leute Filme. Das Netzwerk ersetzt dort die öffentlichen Förderinstanzen, wie es sie Europa gibt. In Südamerika ist die Filmszene darum auch viel alternativer ausgerichtet. Viele Filmemacher machen einfach alles selbst, von der Beleuchtung bis hin zum Schnitt.

BF: Stammen alle Filme von Regisseuren aus Südamerika?
Capatinta: Nein. Wir haben bewusst keine genauen Grenzen gezogen. Ob nun der Produzent aus Lateinamerika stammt, ob es der Regisseur ist, die Schauspieler, oder ob nur das Thema Lateinamerika ist, das haben wir offen gelassen. Wichtig war, dass die Filme etwas mit dem Kontinent zu tun haben und etwas über die Länder aussagen.

BF: Die Sektion „Kurzfilme von Regisseurinnen“ widmet sich ausschließlich Arbeiten von Frauen. Welche Rolle spielt der weibliche Film in Südamerika?
Capatinta: Ich kenne sehr viele Frauen, die hinter der Kamera stehen. Für sie ist es relativ einfach, in Europa Filme zu machen. Das ist in Südamerika nicht der Fall. Wir haben für die erste Ausgabe unsere Festivals eine Statistik gemacht, wie viele Filme aus Südamerika von Frauen gemacht sind. Das waren wirklich wenig. Für Frauen ist es dort ziemlich schwer Filme zu machen, egal ob kurze oder lange. Sie arbeiten normalerweise hinter den Kulissen, etwa im Make-Up-Bereich. Es gibt leider nicht viele weibliche Filmemacherinnen. Frauen müssen nicht nur gegen strukturelle Mechanismen ankämpfen, sondern auch kulturellen Vorurteilen entgegentreten. Die Peruanerin Claudia Llosa ist mit ihrem Film „The Milk of Sorrow“, der 2009 auf der Berlinale den Goldenen Bären gewonnen hat, eine der wenigen Ausnahmen.

BF: Mit „Lakino Kids“ gibt es auch eine eigene Kindersektion …
Capatinta: Ich habe die Macher von Interfilm gebeten, mir eine Reihe von Filmen zu kuratieren, die keinerlei Dialogsequenzen enthalten. Die Idee war, Filme zu zeigen, die für alle Kinder, egal welche Sprache sie sprechen, verständlich sind. Bilder sagen ohnehin meist mehr als Worte. In einem Film reist ein Mädchen zum Amazons. Der Film erzählt seine Geschichte nur anhand der Kraft von Bildern. Die Natureindrücke sind wunderschön fotografiert und sehr poetisch. Und trotzdem im Film kein Wort gesprochen wird, ist die Aussage klar, auch für Kinder.

Interview: Martin Daßinnies