Organisator Hannes Brühwiler über sein Festival „Unknown Pleasures“


Hannes Brühwiler (links) und Dan Levin ("Captured") beim ersten Unknown Pleasures

Hannes Brühwiler (links) und Regisseur Dan Levin ("Captured") beim ersten Unknown Pleasures

Gleich zu Jahresbeginn, vom 01. bis 16 Januar, fährt das Filmfestival Unknown Pleasures mit Namen wie Steven Soderbergh und Francis Ford Coppola großartige Regisseure und neue Filme aus dem amerikanischen Independentbereich auf. Zum mittlerweile dritten Mal laufen im Babylon Mitte Filme, die nur selten oder gar nicht im deutschen Kino zu sehen sein werden. Leiter und Initiator Hannes Brühwiler hat uns etwas über sein Festival erzählt.

Was fasziniert Sie gerade am amerikanischen Independent Kino?

Hannes Brühwiler: Ich habe mich schon immer für den amerikanischen Film interessiert. In meiner Jugend habe ich mir viele Hollywood-Filme angeschaut, als ich jedoch auf die frühen Filme von Jim Jarmusch oder Spike Lee gestoßen bin, hat sich eine neue Filmwelt geöffnet. Zu dieser Zeit erschien dann auch „Pulp Fiction„, der damals auch eine wichtige Rolle gespielt hat.

Gab es für die dritte Ausgabe von Unknown Pleasures einen Masterplan oder haben Sie sich von aktuellen Filmen inspirieren lassen?

Brühwiler: Eine Masterplan gab es nicht. Die erste Ausgabe von Unknown Pleasures habe ich gemacht, weil ich auf Festivals viele spannende Indiefilme gesehen habe, die dann nie in Berlin zu sehen waren. Der Independent-Film steckt zwar in einer wirtschaftlichen Krise, doch trotzdem entstehen jedes Jahr wichtige Filme. Diese Arbeiten zu zeigen, ist das Ziel von Unknown Pleasures. Entscheidend für das Weitermachen war aber auch der Erfolg beim Publikum und bei den Filmemachern, deren Werke ich gezeigt habe.

Das amerikanische Independent Kino ist breit gefächert, wonach entscheiden sie, welche Filme ins Programm kommen?

Brühwiler: Es geht mir nicht darum, einen Überblick über das aktuelle Geschehen zu liefern. Nichts wäre langweiliger als das. Es fällt mir jedoch schwer, genaue Kriterien zu nennen. Letzten Endes läuft es wohl auf meinen persönlichen Geschmack hinaus. Doch man kann sagen, dass ich Filme aussuche, die Risiken eingehen und die sich dem Hollywood- und auch Independent-Mainstream entziehen.

In diesem Jahr sind Produktionen von Steven Soderbergh und Regie-Legende Francis Ford Coppola dabei. Was verbindet die beiden Regisseure mit dem unabhängigen Film in den USA? Beide sind schließlich auch Vertreter des „klassischen“ Hollywood.

Brühwiler: Coppolas ganze Karriere kann als Versuch gesehen werden, sich unabhängig zu machen. Er war zwar nie ein klassischer Independent-Regisseur, doch die künstlerische Kompromisslosigkeit mit der er seine Ziele verfolgt hat, ist für viele junge Regisseure ein wichtiges Vorbild. Nach zahlreichen gescheiterten Projekten hat er nun „Tetro“ selber finanziert, ohne Unterstützung von Hollywood. Ich glaube seinen nächsten Film dreht er in seinen Weinbergen, erneut mit seinem eigenen Geld und nach seinen Vorstellungen. Steven Soderbergh dagegen ist ein Ausnahmefall. Wie wohl keinem anderen Regisseur gelingt es ihm sowohl in Hollywood zu arbeiten, als auch kleine unabhängige Filme zu inszenieren. Dabei ist er in beiden Bereichen erfolgreich. „And Everything Is Going Fine“ ist für mich einer der besten Soderbergh Filme.

Sie zeigen in diesem Jahr auch zwei Spezialprogramme, u.a mit dem politisch ausdrucksstarken Arbeiten von Thom Andersen. Wie kam es zu dieser Auswahl?

Brühwiler: Die beiden Spezialprogramme sind Regisseuren gewidmet, die am Rand der amerikanischen Filmszene arbeiten. Auch Thom Andersen und John Gianvito finanzieren ihre Filme zum großen Teil selber und gehen keine Kompromisse ein. Im Gegensatz zu Coppola und Soderbergh drehen sie jedoch kleinere Filme, die sehr politisch sind. Auch wenn die beiden ganz unterschiedlich arbeiten, so drehen sich ihre Filme doch immer um die Frage nach Machtverhältnissen, was mich auch sehr interessiert. Leider kann man die Filme von Andersen und Gianvito nur selten im Kino sehen, es war mir darum ein großen Anliegen nicht nur deren neuste Arbeiten vorzustellen, sondern auch einen Blick auf deren frühere Werke zu werfen.

Gibt es in der aktuellen Auswahl einen Liebling, einen Film, der Ihnen besonders gefallen hat?

Brühwiler: Eine Liebling habe ich nicht, alle Filme im Programm sind sehr gut.

Die Fragen stellte Martin Daßinnies